März 1932: Der Stadt Coburg wird die Polizeihoheit entzogen

Die zunehmende Zuspitzung der Gewalt in Coburg kurz vor den Reichspräsidentenwahlen und da von der städtischen Polizei keine unparteiische Handhabung der Polizeigewalt zu erwarten war, zwangen das bayerische Innenministerium unter Karl Stützel in München zum Einschreiten. Am 11. März 1932 wurde dem Ersten Bürgermeister Franz Schwede durch den Freistaat Bayern die Polizeihoheit entzogen und an Staatskommissar Dr. Ernst Fritsch übertragen. Oberregierungsrat Fritsch war Vorstand des Coburger Bezirksamtes und Stadtkommissar für die Städte Coburg, Neustadt b. Coburg und Rodach sowie den Coburger Amtsbezirk. In dieser Funktion konnte er bei Störung der öffentlichen Ordnung über den Einsatz der Sicherheits- bzw. Landespolizei in seinem Tätigkeitsgebiet verfügen.[1]

Begründet wurde dieses Vorgehen damit, dass die Coburger Polizei ausdrücklich gegebene Anordnungen der bayerischen Regierung nicht ausgeführt habe und Gewaltakte gegen politisch Andersdenkende nicht oder nur schleppend aufklären würde. Außerdem hatten Verfahren gegen mehrere städtische Polizeibeamte eingeleitet werden müssen.[2]

Die Nationalsozialisten protestierten gegen den Entzug der Polizeihoheit mit dem Argument, dass einzelne Nationalsozialisten vom politischen Gegner zu Gewalttaten herausgefordert worden seien und sich die gewalttätigen Auswüchse im Rahmen(!) halten würden. Des Weiteren machten die Coburger Nationalsozialisten nicht sich selbst, sondern die SPD und die Juden, die sich unablässig über vermeintliche Überfälle und Belästigungen beschweren würden, für das Vorgehen der bayerischen Regierung verantwortlich. All diese Proteste nützten den Nationalsozialisten aber nichts. Die Polizeihoheit blieb entzogen.[3]


[1] Erdmann, Jürgen: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. Coburg 1969. (= Coburger Heimatkunde und Landgeschichte. Reihe II. Heft 22). S. 60f.; Albrecht, Joachim: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922-1933. Frankfurt/Main 2005. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe II. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 1008). S. 136;Fromm, Hubert: Die Coburger Juden. Geschichte und Schicksal. Coburg 2001. S. 55; Asmalsky, Ludwig: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur Prüfung für das Lehramt an den Gymnasien in Bayern an der Universität Würzburg. Würzburg 1969. S. 86f.; Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 139.

[2] Asmalsky: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. S. 87.

[3] Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 138f.; Fromm: Die Coburger Juden. S. 55.