Ein Beitrag von Ulrich Göpfert
„Weise Frauen“ waren unerwünschte Konkurrenz für die Ärzte
Die Frau galt damals als Wahrerin der Geheimnisse der Volksmedizin. Die Ankläger waren überzeugt, dass diese Kenntnisse nur vom Teufel selbst stammen konnten. Frauen, die die Macht besaßen, durch geheimnisvolle Riten oder mit Hilfe von Pflanzen zu heilen, mussten – so der Umkehrschluss – mit ähnlichen Mitteln auch Schaden zufügen können.
Tatsächlich war an allen untersuchten Orten der Anteil der Hebammen und Heilerinnen unter den der Hexerei verdächtigten Personen besonders hoch. Zudem betrachteten die ausschließlich männlichen Ärzte, die an den neuen Universitäten des 15. und 16. Jahrhunderts ausgebildet wurden, die „weisen Frauen“ als unerwünschte Konkurrenz. Seit im „Hexenhammer“ das theoretische Fundament für die Hexenverfolgung gelegt wurde, trug sie immer auch Züge eines Geschlechterkampfes zum Schaden der Frau.
Wer wurde angeklagt?
Untersuchungen haben ergeben, dass nur ca. zwanzig Prozent der Angeklagten Männer waren. Dabei wurden in den Städten mehr Hexenmeister angeklagt als auf dem Lande. Zur Zeit der „großen Pest“ (1347 – 1352) richtete sich die Hexenverfolgung zunächst gegen Juden und Leprakranke. Nach 1500 nahm die Zahl der angeklagten Kinder zu. Dahinter stand einmal die Vorstellung, dass Hexeneltern ihre Kinder schon frühzeitig anlernten.
Außerdem waren Kinder eher bereit, andere Teufelsanbeter zu denunzieren. Aber auch Patrizier, Ratsherren, Priester sogar einzelne Bischöfe wurden der Hexerei verdächtigt und hingerichtet. Insgesamt aber war im 16. und 17. Jahrhundert das Risiko einer Frau, der Hexerei angeklagt zu werden, viermal so groß wie das eines Mannes! 1484 erhielt die Hexenjagd den Segen des Papstes. Die Verfolgung wurde anfänglich von Klerikern eingeleitet, im 16. Jahrhundert wurden sie von weltlichen Richtern abgelöst.
Hexenverfolgung im Coburger Land
Die Stadt Coburg und das Umland blieben in der Zeit der Hexenverfolgung von diesem Hexenwahn und den Hexenverbrennungen nicht verschont.
„Gerichtsordnung, die Hexerey betreffendt“
Herzog Johann Casimir gab am 13. Februar 1629 seine „Gerichtsordnung, die Hexerey betreffendt“ an den Centgraf Caspar Lang zu Coburgck. Beigefügt war ein Begleitschreiben des Herzogs vom selben Tag an „Unseren Centgrafen zu Coburgck und Lieben Getreuen Caspar Lang“ gerichtet, und zwar mit dem Befehl:
„Du wollest Dich darnach richten / Deme allenthalben alßo Gehorsamblich nach leben / und darwieder kein wiedriges / weder / für Dich selbsten anmaßen noch anders verhengen“.
Die Bestellung des Scharfrichters
Die Coburger Hexenprozeßordnung setzt für den Scharfrichter zwei Konditionen:
– eine ordentliche Bestellung hat zu erfolgen,
– die angemessene Gebühr („ein leidlich gewißen Tax zu setzen“) soll der Scharfrichter beziehen.
Scharfrichter Otto Heinrich Wahl aus Dreißigacker (Meiningen) hatte in diesem Sinne seine Bestallung schon am 16. Juni 1628 durch Herzog Johann Casimir erhalten.
Dem Scharfrichter wurde in einer Urkunde durch den Landesfürsten garantiert:
1. eine jährliche Pauschale von 100 Reichsthalern,
2. fünf Reichsthaler für jeden „peinlichen Angriff“ pro Person
3. angemessenes Zehrungsgeld,
4. Garantie für notwendigen Geleitschutz („nottürfftiger Convoy“),
5. Vorbeugung gegen beleidigende oder tätliche Übergriffe.
Die Einkünfte passten nicht in den Besoldungsrahmen für den Staatsdienst. Die Gebühren und Spesen standen in keiner vertretbaren Relation zu den Gesamtkosten. Im Falle der Catharine Kellermann (Coburg, 1628) betrug die Gerichtsgebühr für sämtliche Zeugenvernehmungen, Schreibkosten, Verpflegung der Verhafteten usw. 57 Gulden, während der Scharfrichter 133 Gulden erhielt. Die Relation verdeutlicht ein Vergleich: Das jährliche Dienstgeld der Hofräte, Assessoren und des Hofrichters betrug 120 Gulden.
Die Zehrungskosten, die neben dem „Jahresgehalt“ und den „Fallpauschalen“ für den Scharfrichter anfielen, schlugen zudem kräftig zu Buche. Die Hexenprozessordnung von Herzog Johann Casimir bestimmte nicht den Verlauf von Exekutionen von Hexen. Bekannt sind die allgemeinen Grundsätze für das „peinliche Halsgericht“. Hinrichtungen von Hexen fanden in Coburg, Eisfeld, Heldburg und Hildburghausen statt. Der Richtplatz für Hexen war in der Hohen Straße in Coburg.