Coburg und seine Polizei – 12. bis 17. Jahrhundert

Von Hans-Jürgen Schmidt, Helmut Götz und Wolfgang Schneider, Coburg

Coburg, das 1331 sein Stadtrecht erhielt, besteht ungefähr seit Mitte des 12. Jahrhunderts. Bald nach der Umfriedung durch Mauern und Tore ab 1315 dachte man offensichtlich darüber nach, wer und in welcher Form für die innere Sicherheit der Bewohner dieser zum damaligen Zeitpunkt relativ unbekannten und unbedeutenden Kleinstadt verantwortlich sein sollte.

Das Gerichtswesen und die Verwaltung lagen in den Händen der jeweiligen Landesherren. Mit der Durchführung von Rechtsprechung und Regierungsgeschäften wurden von dem Landesherrn verantwortliche Bedienstete beauftragt, der Stadtrichter, der Präfekt oder Vogt.

Mit der Verleihung des Schweinfurter Stadtrechts 1331 und der Übernahme des „Coburger Ortlandes“ in Franken 1353 durch Friedrich III., den Strengen, Markgraf von Meißen, wurden für die Aufsicht und Einhaltung der nunmehr zahlreicher werdenden Vorschriften und Verordnungen weitere „amtliche Funktionen“ geschaffen, so die „Stadtknechte, Häscher, Stadtbüttel, Gerichtsdiener, Scharwächter, Torhüter Kirchturmwächter und ein Scharfrichter“.

Der heutige Begriff der Polizei war zum damaligen Zeitpunkt unbekannt. Er hat eine jahrhundertelange Entwicklung innerhalb der deutschen Rechtsgeschichte erlebt und ist selbst in unseren Tagen immer wieder – bedingt durch neuartige Situationen, Problemstellungen nationalen und internationalen Rechts – Veränderungen unterworfen. Der ursprünglich aus dem Griechischen stammende Begriff der „guten Polizei“ umfasste die gesamte staatliche Herrschaftsbetätigung, einschließlich Rechtssprechung und Gesetzgebung.

Zwei Beispiele von „verbotenen Artikeln“ aus der Zeit um 1530 sollen dies aufzeigen: „Erstens soll kein Wirt unter der Predigt und dem Amt an Sonn- und Feiertagen weder Wein noch Bier verkaufen, sondern seinen Gästen und dem Hausgesinde ansagen, zum Gottesdienst zu gehen. Wer dies übergeht, sei es Wirt oder Gast der soll unnachlässig mit Gefängnis am Leib bestraft werde.“

Der Unsitte des Trinkens wurde damals schon besondere Aufmerksamkeit gewidmet, weil „daraus viele große Hauptsünden und Übeltaten entspringen“.

Eine weitere Verordnung lautete: „Es wird anbefohlen, dass niemand nach 9 Uhr weder einen Orden (Stammtisch) noch Wein- oder Bierzeche halten soll, deswegen denn auch die Glocke auf dem Rathaus zu läuten verordnet“. Diese „Coburger Weinglocke“ wurde 1510 gegossen. Bei ihrem Läuten musste jeder, der nicht in der Stadt wohnte, nach Hause gehen, da die Stadttore danach nicht mehr geöffnet werden durften.

Nicht immer zufrieden war der Landesherr mit der Ausführung der politischen und polizeilichen Aufgaben durch die Stadt Coburg. So hielt Herzog Johann Ernst von Sachsen-Coburg (1541 – 1553) mit einem Schreiben die Stadt zur „besseren Handhabung der Polizei“ an.

An dieser Stelle ist auf die „Polizei- und Landordnung“ des Herzogs Johann Friedrich des Mittleren (1554 – 1567) hinzuweisen, ein überaus wichtiges und interessantes Dokument aus dem Jahre 1556. In 92 Abschnitten gibt sie Anordnungen bei Gotteslästerung, heimlicher Verlobung, Aufnahme fremder Leute, Taubenhalten, Hausieren der Krämer sowie zur Feuer- und Müllordnung.

Stein des Anstoßes waren damals aber hauptsächlich die neuen Rundtänze, in denen sich ein heraufkommendes und diesseits bejahendes Lebensgefühl niederschlug. So gebot eine Verordnung: „Bei den Tänzen mit Jungfrauen oder Frauen ist sich des unverschämten Umdrehens, Aufhebens, Herumschwenkens, vielfältigen Drückens und Umfassens, unziemlichen Laufens und Anstoßens, auch schändlicher Gebärden und Geschreis zu enthalten.“ Gestattet war nur der „ehrbare Tanz mit zugedeckter Scham“. Weitere Verordnungen folgten 1613, 1640, 1659, 1681 und 1698.

Es ist wichtig und zum besseren Verständnis unerlässlich, sich mit diesen von uns heute belächelten Vorschriften auseinanderzusetzen, da gerade durch sie die polizeilichen Aufgabenbereiche und damit auch die polizeilichen Organisationsformen bestimmt wurden.

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Quellen:

Stadtarchiv Coburg, Stadtratsprotokolle Bestand A, Nr. 80. 74 a-1955, G. Erbel, Die Polizei – Politische Fragen und Rechtsprobleme, Bundesgrenzschutzverband, Bonn 1975.

Frank Finzel / Michael Reinhardt, Spuren: 175 Jahre Sparkasse Coburg, Coburg 1996.

Robert Harnischmacher / Arved Semerak, Deutsche Polizeigeschichte, Stuttgart 1986.

Heinz Hörnlein, Coburg und seine Polizei – Vortrag vor den Delegierten des Bayerischen Polizeibeamtenverbandes, 1974.

Jubiläumsausgabe „Bayerns Polizei“ 2/1996: „50 Jahre Bayerische Polizei“.

Adam Leppert, Von der Gendarmerie zur Bayer. Landespolizei – IPA- Bayernecho, September / Dezember 1993.

-ders., Polizeigeschichtliche Sammlung Bayern, Bamberg 2001.

Hans-Jürgen Schmidt, Wir tragen den Adler des Bundes am Rock – Chronik des BGS, der Innerdeutschen Grenze und der Grenztruppen der DDR, Band 1, Coburg 1993, und Band 2, Coburg 1994.

-ders., An der Grenze der Freiheit – Die US Verbände am Eisernen Vorhang 1945-1990, Coburg 1999.

Walter Schneier, Coburg im Spiegel der Geschichte – Auf den Spuren von Fürsten, Bürgern und Bauern, Coburg 1985.

Emil Schuler, Die Bayerische Landespolizei 1919-1935, München 1964.

Ludwig Ungelenk / A. Roßteutscher, Coburg im Weltkrieg 14/18, Coburg 1922.

Alle Abbildungen stammen aus Privatbesitz (Helmut Götz, Manfred Schäffner, Jürgen Zesewitz, G. Eckerlein).

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Info: EPHK a.D. Hans-Jürgen Schmidt, Jg. 1937, gehörte von 1956 bis 1997 dem Bundesgrenzschutz an und war langjähriger Einsatz und Ausbildungshundertschaftsführer.

Helmut Götz, Jg. 1934, trat 1953 in die Bayerische Bereitschaftspolizei ein und versah danach Dienst als Stationsbeamter der Bayerischen Landpolizei. Ab 1958 gehörte er der Stadtpolizei Coburg an, zuletzt als Leiter der Schutzpolizei. Von 1972 bis zu seinem Ruhestand 1994 leitete er die Station Coburg-Stadt der Bayerischen Landespolizei.

PHK a.D. Wolfgang Schneider, Jg. 1947, versah von 1968 bis 1999 Dienst im Bundesgrenzschutz.