Coburg und seine Polizei
Von Hans-Jürgen Schmidt, Helmut Götz und Wolfgang Schneider, Coburg
Info: EPHK a.D. Hans-Jürgen Schmidt, Jg. 1937, gehörte von 1956 bis 1997 dem Bundesgrenzschutz an und war langjähriger Einsatz und Ausbildungshundertschaftsführer.
Helmut Götz, Jg. 1934, trat 1953 in die Bayerische Bereitschaftspolizei ein und versah danach Dienst als Stationsbeamter der Bayerischen Landpolizei. Ab 1958 gehörte er der Stadtpolizei Coburg an, zuletzt als Leiter der Schutzpolizei. Von 1972 bis zu seinem Ruhestand 1994 leitete er die Station Coburg-Stadt der Bayerischen Landespolizei.
PHK a.D. Wolfgang Schneider, Jg. 1947, versah von 1968 bis 1999 Dienst im Bundesgrenzschutz.
Am 1. Juli 2000 jährte sich zum 80. Mal der Tag, an dem das vormalige Herzogtum Sachsen-Coburg, seit 1918 Freistaat Coburg, ein Landesteil des Freistaates Bayern wurde. Zu jenem Zeitpunkt endete auch die Geschichte der eigenen Polizeiorganisation der ehemaligen Residenzstadt. Sie wurde Bestandteil der kommunalen Polizeien des Freistaates Bayern und ihrer Polizeigeschichte. Mehr als fünfzig Jahre konnte sie ihre Eigenheiten bewahren, bis sie 1972 im Rahmen der Neuorganisation der bayerischen Polizeiorganisation as vorletzte Stadtpolizei des Freistaates in die Bayerische Landespolizei überführt wurde.
Der Jahrestag war Anlass für drei engagierte Coburger „Hobbyhistoriker“, den Versuch zu unternehmen, den Spuren, Höhe- und Wendepunkten im Werdegang dieser ehemals städtischen Polizeiorganisation zu folgen und sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Unterstützt wurden die Verfasser durch den Leiter des Stadtarchivs Coburg, Herrn Hans-Jürgen Baier, sowie den Leiter der „Polizeigeschichtlichen Sammlung der Bayerischen Polizei“, Adam Leppert, Bamberg. Der nachfolgende Aufsatz erhebt keinen Anspruch auf Absolutheit und Vollständigkeit. Zu umfangreich ist hierfür der Zeitraum, zu divergierend die Polizeigeschichte Entwicklung in der Kleinstaaterei Deutschlands in den früheren Jahrhunderten, zu häufig die staatlichen, rechtlichen und organisatorischen Veränderungen und Umbrüche allein im vergangenen 20. Jahrhundert.
Die historische Betrachtung der Entwicklung der Polizei und des Polizeibegriffs zeigt, in welch hohem Maße ihre Aufgaben, Kompetenzen und ihr politischer Standort von der jeweiligen Staatsidee, Staatsverfassung, von den politischen Machtverhältnissen und Handlungszielen abhängig sind. Bis heute hat die Polizei mehr als ein halbes Dutzend geschichtliche Abschnitte unterschiedlichster Art durchlaufen. Doch auch in unseren Tagen ist diese Entwicklung nicht statisch zu betrachten. Im Rahmen der Internationalisierung und überstaatlicher Institutionen sowie sich ändernder Rechtsauffassungen und höchstrichterlicher Urteile unterliegt auch die deutsche Polizei einem ständigen Wandel.
Die Verfasser sind dankbar für Hinweise auf Quellen, Dokumente, Fotos, Zeitzeugenaussagen zur jüngeren Geschichte der ehemaligen Stadtpolizei und offen für kritische Anmerkungen.
Der Mittelpunkt der Stadt Coburg, der Markt, umgeben mit einer Vielzahl historischer Gebäude, Schauplatz unzähliger Veranstaltungen und Begebenheiten, ist untrennbar verbunden mit der in Coburg ehemals vorhandenen eigenen Stadtpolizei. Zahlreiche Bürger dieser Stadt erinnern sich noch an ihre im rückwärtigen Bereich des Rathauses untergebrachte Wache Rosengasse. Allgegenwärtig und für jedermann jederzeit erreichbar war der Schutzmann in seiner blau-schwarzen Uniform am Markt, führte noch nahezu jeder Weg von und zur Wache über diesen Vertreter staatlichen und städtischen Rechts.
Am 1. Oktober 1972 wurde die bis zu diesem Zeitpunkt eigenständige städtische Polizei Coburgs in die staatliche Bayerische Landespolizei überführt.
Nach einer Übergangszeit wurde der Hauptsitz in die ehemalige von-Selle-Kaserne (benannt nach dem zweiten Kommandeur des 6. Thüringischen Infanterieregiments Nr. 95) in der Neustadter Straße verlegt; die zentral gelegene Wache Markt / Rosengasse verlor nach und nach aus organisatorischen Gründen an Bedeutung, wurde personell reduziert und schließlich, zum Erstaunen und auch zum Verdruss zahlreicher, insbesondere älterer Mitbürger, ganz aufgegeben.
Mit dem 1. Oktober 1972 steht das Ende der Stadtpolizei Coburg, dieser auch für die bayerische Polizeigeschichte eigenständigen polizeilichen Organisationseinheit, fest; für ihren Anfang lassen sich dagegen weder ein „Stichtag“ noch ein „Gründungsjahr“ exakt nachweisen. Er verliert sich im Dunkel der so überaus zersplitterten und verwirrenden Polizeilandschaften des ehemaligen „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“. Nur sehr spärlich und lückenhaft sind in Chroniken und Archiven Aufzeichnungen erhalten. Nur einzelne Zeitabschnitte können daher in dem nachfolgen Streifzug durch die Geschichte der Coburger Stadtpolizei näher untersucht werden.
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Quellen:
Stadtarchiv Coburg, Stadtratsprotokolle Bestand A, Nr. 80. 74 a-1955, G. Erbel, Die Polizei – Politische Fragen und Rechtsprobleme, Bundesgrenzschutzverband, Bonn 1975.
Frank Finzel / Michael Reinhardt, Spuren: 175 Jahre Sparkasse Coburg, Coburg 1996.
Robert Harnischmacher / Arved Semerak, Deutsche Polizeigeschichte, Stuttgart 1986.
Heinz Hörnlein, Coburg und seine Polizei – Vortrag vor den Delegierten des Bayerischen Polizeibeamtenverbandes, 1974.
Jubiläumsausgabe „Bayerns Polizei“ 2/1996: „50 Jahre Bayerische Polizei“.
Adam Leppert, Von der Gendarmerie zur Bayer. Landespolizei – IPA- Bayernecho, September / Dezember 1993.
-ders., Polizeigeschichtliche Sammlung Bayern, Bamberg 2001.
Hans-Jürgen Schmidt, Wir tragen den Adler des Bundes am Rock – Chronik des BGS, der Innerdeutschen Grenze und der Grenztruppen der DDR, Band 1, Coburg 1993, und Band 2, Coburg 1994.
-ders., An der Grenze der Freiheit – Die US Verbände am Eisernen Vorhang 1945-1990, Coburg 1999.
Walter Schneier, Coburg im Spiegel der Geschichte – Auf den Spuren von Fürsten, Bürgern und Bauern, Coburg 1985.
Emil Schuler, Die Bayerische Landespolizei 1919-1935, München 1964.
Ludwig Ungelenk / A. Roßteutscher, Coburg im Weltkrieg 14/18, Coburg 1922.
Alle Abbildungen stammen aus Privatbesitz (Helmut Götz, Manfred Schäffner, Jürgen Zesewitz, G. Eckerlein).