Eine Coburger Künstlerin
Erinnerungen an Dorle Reukauf-Jacob Foto: 2009 © Ulrich Göpfert
Die Künstlerin wurde am 12. Mai 1903 in Coburg im Haus Markt 14 geboren. Das Leben von Dorle Reukauf-Jacob war immer Zeichnen und Malen. Sie war eine ungewöhnliche Künstlerin, erstaunlich begabt, ein Leben lang irgendwie beschützt. Ihren sicheren, ganz persönlichen Blick hat sie unerschütterlich erhalten können. Dabei war sie von einer Bescheidenheit, die beschämte.
Die Kinderskizzen der 3jährigen zeigten ihr großes Talent schon ganz deutlich. Sie saß im Laden “ Einem Sanitätsgeschäft“ auf den Knien des Großvaters und durfte das Einwickelpapier von der Rolle mit einer Feder bemalen, meterweise, endlos, soviel sie brauchte, wie sie ihrem Sohn Wolf und Bekannten berichtete.
Als im Kunstverein Coburg, der damals noch im „Hexenturm“ beheimatet war, Bilder der 10jährigen ausgestellt wurden, schrieb die „Coburger Zeitung“ am 30. Dezember 1913: „Besonderes Interesse werden die Zeichnungen der 10jährigen Dora Jacob haben“. Man spricht von schlagfertiger Auffassungsgabe und naiver Gestaltungskraft einer begnadeten Kinderseele.
Dorle Reukauf-Jacob war von Anfang an von der Mode fasziniert. Sie stand deren Auswüchsen aber durchaus skeptisch gegenüber. Manche Satire und manche Kritik ist in den Blättern zu finden. Sie war stets ein Kind ihrer Zeit, ob sie den Foxtrott, die Revuen der tollen 20er Jahre darstellte, oder Cocainsüchtige und Ami-Liebchen Mitte der 40er Jahre. Sie nahm die Familie, die Coburger, die Halbwelt aufs Korn, blieb dabei jedoch tolerant, manchmal verständnisvoll.
Ein dreimonatiger Aufenthalt in Berlin 1929 hat nachhaltigen Eindruck auf die 28jährige gemacht. In Berlin kannte sie Heinrich Zille über Briefkontakte. Er war jedoch schon so krank, dass es nicht zu einem persönlichen Kennen lernen kam. Er gab ihr aber noch den Rat :“keinesfalls auf eine Akademie zu gehen, denn da würden junge Talente leicht verdorben.“
Duisburg, Bonn waren weitere Stationen. Es folgte die Zeit der Scherenschnitte. Wie sie berichtete: „In den 30er Jahren in Bonn gabs keine Modeskizzen mehr, sondern am laufenden Band Scherenschnitte.“ Dorle Reukauf-Jacob fertigte Entwürfe für Postkarten, Briefkassetten, Buch-Illustrationen. Sie gestaltete Pralinenschachteln für die Firma Pitius in Saalfeld, Sarotti und Mauxion. Veröffentlicht wurden ihre Arbeiten auch in der damals bekannten Zeitschrift „Gartenlaube“ und in den Bänden des Coburger Heimatdichters Georg Eckerlein.
Als der erste Sohn Klaus 1934 zur Welt kam, machte sie mit allem Schluss. Eine große, schöne, glückliche Pause, wie sie es nannte. Der II. Weltkrieg brach aus. 1941 bekam sie ihren zweiten Sohn Wolf. Für die vielen Millionen Toten des Krieges hat sie ein dunkles Blatt in ihrem Album eingeklebt. Sie litt mit den anderen und hat selbst tiefe Trauer getragen. Der Tod ihres Sohnes Klaus trifft sie hart. Die Not der Nachkriegszeit wird in Bildern dokumentiert “ Ruinen und Trümmerfrauen“ -, doch dann schreibt sie ein zweites Mal „Auf gehts“ in ihr Tagebuch: New Look der 40er Jahre, A-Linie, Stöckelschuhe, Punk-Stil der 70er Jahre, Minimode, oben ohne, hinten unten ohne, Hosenanzüge, Jeans, Minilook, schwarze Fingernägel, Sturmfrisur, allen Albernheiten ihrer Geschlechtsgenossinnen hat sie ein Denkmal gesetzt.
Manche Kritik hat Dorle Reukauf-Jacob später zurückgenommen, hat sich dafür sogar entschuldigt. Ein Zeichen ihres immer beweglichen Geistes und auch menschlicher Größe.
Sie war bis zu ihrem Tod im Jahr 1996 noch an allen Problemen und Fragen der Gegenwart interessiert, hat darüber diskutiert und vertrat ihre eigene Meinung.
Quellenhinweis: Dr. phil. Wolf Reukauf