Bedeutung des Staatsstreichversuchs vom 20. Juli 1944
Der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 ist gescheitert. Hätte ein erfolgreicher Verlauf des Attentats bzw. des Staatsstreichs etwas am „Gang der Dinge“ geändert? Joachim Fest, der in seinem Buch „Staatsstreich“ diese Frage erörtert, kommt zu dem Schluss: „Soviel wie nichts“ (S. 345). Denn, so Fest, es hätte auch dann keine Änderung der Forderung der Alliierten nach bedingungsloser Kapitulation und sicherlich auch keinen Verzicht auf Besetzung und Aufteilung Deutschlands gegeben.
Allerdings – und dies ist für Joachim Fest entscheidend: es hätte dem Morden und Töten und Opfern endlich ein Ende bereitet, und dies war für viele Verschwörer, die ja auch voller Zweifel am Gelingen waren, ein ausschlaggebendes Motiv. Denn insgesamt gesehen, übertrifft die Zahl der Opfer unter der deutschen Bevölkerung – Wehrmachtsangehörige und Zivilisten – während der Zeit nach dem 20. Juli 1944 bis Ende des Krieges die des Zeitraumes von Beginn des Krieges bis zum Staatsstreich. Gleiches gilt für die Bombenkriegsschäden, ganz zu schweigen von den Opfern des Krieges und der Vernichtungspolitik der Nazis in den übrigen Ländern.
Henning von Tresckow, einer der entschiedensten Gegner des NS-Regimes und Widerstandskämpfer, kommt, nachdem er zuvor noch glaubte, durch einen Umsturz zu einem Verhandlungsfrieden mit den Alliierten kommen zu können, im Sommer 1944 zu dem Schluss: „Das Attentat auf Hitler muß erfolgen coûte que coûte [koste es, was es wolle; Anm. d. Verfasser] … Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat.“ (Fest S. 176)
Für Heribert Prantl, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, ordnet sich der Widerstand des 20. Juli wie der gesamte deutsche Widerstand gegen Hitler in eine „freiheitliche Tradition“ ein, „die vom Hambacher Fest 1832 über die Frankfurter Paulskirche 1848 nach Weimar und zu den Nachkriegsverfassungen führt.“ (SZ vom 19.7.2008, S. 4) Hans Mommsen, emeritierter Historiker, erkennt im 20. Juli die „Kulmination des Widerstands in Deutschland in allen seinen Spielarten“ (SZ vom 16.7.1994), zu dem eben auch trotz der Ausgrenzungsversuche von vor allem konservativer Seite der linkssozialistische und kommunistische Widerstand gehört, wie Mommsen feststellt.
Brigitte Maisch wird jetzt über den „nicht-militärischen Widerstand“ referieren.