Die Novemberrevolution von 1918 in Coburg, Teil II

Am 10. November löste sich der coburgische Landtag auf und der SPD-Landesvorstand beschloss die Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates.[1] Tatsächlich trat jedoch nur ein „provisorisch gebildeter Ausschuss“ ins Leben. Die Führung dieses Gremiums übernahm der Schreinermeister und – wie er selbst ausdrücklich betonte – Landsturmmann Reinhold Artmann.[2]

Erst der 11. November 1918 brachte für das Coburger Land die eigentliche „Revolutionstat“.[3] Am Morgen dieses Tages war in der Tageszeitung der Sozialisten, dem Coburger Volksblatt, zu lesen, dass nach den Tagen der Ruhe nun Taten folgen sollten. Geplant hatten die Sozialisten einen Demonstrationszug durch Coburg für eben diesen 11. November. Er sollte aber keinesfalls revolutionär sein, denn die Leser wurden zur Besonnenheit aufgerufen.[4] So verlief dann die Massendemonstration durch Coburg ohne größere Zwischenfälle. Zuerst zogen die rund 1.000 Demonstranten vom Bahnhof zur Kaserne. Dort empfing Kommandeur von Erffa die Vertreter der Arbeiter und des Soldatenrats, Reinhold Artmann, Johann Stegner, Carl Wöhner und Georg Göpfert sowie den Gothaer USPD-Mann Cuno Blechschmidt. Diese forderten Erffas Rücktritt und verlangten die Anerkennung des provisorischen Arbeiterausschusses und des Soldatenrates. Von Erffa, dem jeder Widerstand verboten war, beugte sich diesen Forderungen.[5] Als Nächstes zogen die Demonstranten zum Rathaus. Dort sicherten sich die „Revolutionäre“ von Oberbürgermeister Gustav Hirschfeld und den Stadtverordneten ihre Anerkennung und das Aufsichtsrecht über die Stadtverwaltung. Diese sollte wie bisher weiterarbeiten.[6] Danach begaben sie sich zum Gebäude des Staatsministeriums. Dort wurden sie von Staatsrat Dr. Hermann Quarck und Dr. Ernst Fritsch empfangen. Zwar widersetzten sich Quarck und Fritsch strikt der förmlichen Anerkennung der revolutionären Gremien, beide hielten an ihrem Eid auf den Herzog fest, zeigten jedoch auch Bereitschaft mit diesen zusammenarbeiten zu wollen. Die „Revolutionäre“ erklärten sich damit einverstanden, sie akzeptierten widerspruchslos, dass sich Quarck und Fritsch ihrer Forderung nach politischer Führung widersetzten und sicherten den Regierungsvertretern Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu.[7]

Den Abschluss des Demonstrationszuges bildete eine Versammlung auf dem Schlossplatz von Schloss Ehrenburg. Da das Schloss nicht bewacht wurde, verschafften sich die „Revolutionäre“ Zutritt und hielten von einem Balkon des Schlosses Ansprachen. Damit war die „Revolution“ in Coburg im Wesentlichen abgeschlossen – soweit bei diesen Ansätzen zu radikal politischen Maßnahmen überhaupt von „Revolution“ die Rede sein kann.[8] Am Abend des 11. November hatten die „Revolutionäre“ zwar die Gewalt über die Kaserne und die Coburger Stadtverwaltung übernommen, die Staatsregierung und der Herzog waren aber noch nicht beseitigt.[9]


[1] „Nicht durch Krieg, Kauf oder Erbschaft“. S. 73.

[2] Ebenda, S. 77; Schneier: Coburg im Spiegel der Geschichte. S. 275.

[3] Erdmann: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 7.

[4] Ebenda, S. 7; Hambrecht: Die Vereinigung des Freistaates Coburg mit Bayern. S. 377.

[5] Erdmann: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 6; Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 61.

[6] Erdmann: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 8.

[7] Ebenda, S. 8; Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 61; Hambrecht: Zwischen Bayern und Thüringen – Coburg von 1900 bis 1945. S. 189; „Nicht durch Krieg, Kauf oder Erbschaft“. S. 74.

[8] Erdmann: Coburg, Bayern und das Reich 1918-1923. S. 8.

[9] Ebenda, S. 8.