Wer kann sich noch an die alte B4 erinnern, welche einst sich durch die Coburger Innenstadt zog. Für die jüngere Generation ist dies kaum noch vorstellbar. Der folgende Abschnitt über die B4 in der Ketschengasse soll zeigen welches verkehrstechnischen Probleme sich besonders nach 1945 offenbarten, welche schließlich zu einer Verlegung der Bundesstraße führten.
Der Bereich des äußeren Ketschentores war verkehrstechnisch bereits vor dem Zweiten Weltkrieg ein Problem. In den 1920er Jahren hatte die Motorisierung vor den Toren Coburgs auch nicht halt gemacht und der aufkommende Verkehr ließ die einspurige Durchfahrt durch das äußere Ketschentor zu einer ganz gefährlichen Engstelle werden. 1929 wurde deshalb erstmals ins Auge gefasst auf der Westseite vom Ketschentor eine Fahrbahn mit Gehweg durch das zur Stadt Coburg gehörende Anwesen Ketschengasse 56 zu schaffen. Aber erst 1939 stellte die Stadt beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege den Antrag, das besagte Haus abreißen zu dürfen. Doch das Landesamt war strikt gegen dieses Vorhaben und argumentierte: „Die Fernstraße 4, die durch das Ketschentor führt, soll man regional irgendwie umleiten, oder man solle sich doch dieser modernen Verkehrssignalanlage bedienen.“ Der Coburger Stadtspitze kam schließlich der Zweite Weltkrieg zu Hilfe. Nach einem Bombenangriff im Jahre 1940 auf Coburg wurden durch die gewaltigen Druckwellen Mauerrisse sichtbar, die zu einer Einsturzgefahr des Gebäudes neben dem Ketschentor führten. Gegen solche Tatsachen war selbst das Landesamt für Denkmalpflege machtlos. Noch im selben Jahr erfolgte die Abbruchgenehmigung, die aber aufgrund des Kriegsverlaufs nicht mehr ausgeführt wurde. Im Jahre 1945 kamen schließlich die Amerikaner nach Coburg. Diese fuhren Zeitzeugenberichten zu Folge mit ihren Panzern am 11.April 1945 oder kurz danach gegen das Haus Ketschengasse 56, um von Süden her in die Stadt zu gelangen, da die Durchfahrt durchs Ketschentor für ihre Fahrzeuge zu schmal war. Jetzt war das Gebäude endgültig einsturzgefährdet und stellte eine ernsthafte Gefahr für Fußgänger dar. Auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung mussten deutsche Kriegsgefangene im Juni/Juli 1945 das Haus abbrechen und beseitigen. Auf diese Weise war nun eine freie Durchfahrt für alle Fahrzeuge entstanden und damit das erste bauliche Eingriff im Bereich der alten Bundesstraße 4 abgeschlossen. Dieser Zustand hielt sich aber nur bis 1956, den in diesem Jahr stand die 900-Jahr-Feier Coburgs an und die Stadtführung wollte aus diesem Anlass diesen noch offen sichtbaren Kriegsschaden beseitigen. In einer Kampfabstimmung stellte der Stadtrat Mittel in Höhe von 104.000 DM bereit. Der Bauplan sah vor, einen runden Torbogen an dieser Stelle zu errichten. Die Arbeiten wurden im März 1956 begonnen und mit einer sechswöchigen Unterbrechung während der 900-Jahr-Feier im Dezember 1956 abgeschlossen. Dabei musste aber die verbliebene Flügelmauer auf der Westseite wegen des Überhanges von 23 cm gänzlich abgebaut und um diese Länge versetzt werden. Die Ausführung des gesamten Bauvorhabens wurde mit 134.000 DM abgerechnet. Das war enorm viel Geld für die damalige Zeit wodurch das Projekt in der Bevölkerung nicht ganz unumstritten war. Die einen bedauerten, dass die bisher so schön freie Durchfahrt nunmehr durch einen Torbogen eingeengt worden war, de anderen waren der Meinung, dass die Stadt soviel Geld besser hätte in den notwendigen Wohnungsbau angesichts des Flüchtlingsproblems stecken sollen.
Ein weiteres Verkehrshindernis im Bereich der alten Bundesstraße 4 war die Einmündung der Rosengasse in die Ketschengasse. Dort standen, wo sich heute der Flachbau des Orthopädiegeschäftes Brünnerbefindet, die Wohnhäuser Ketschengasse 26 und Rosengasse 24, die eine Engstelle im Bereich der Rosengasse verursachten. Als im Jahre 1955 im Zuge der verstärkten Motorisierung der Coburger Bevölkerung der Stadtrat die Ketschengasse zur Einbahnstraße Richtung Marktplatz erklärte, musste Richtung Süden eine parallele einspurige Fahrbahn gefunden werden. Die Rosengasse war dafür wie geeignet. Problematisch war hier nur der Einmündungsbereich zur Ketschengasse hin. Autofahrer konnten Kraftfahrzeuge die aus Richtung Ketschentor kamen erst sehr spät sehen. Ein Jahr später, im April 1956, konnte diese Engstelle mit dem Abriss der Häuser Ketschengasse 26 (zuletzt Motorrad- und Automobilgeschäft Gottlieb Kob, vorher Gaststätte „Zum Deutschen Kaiser“) und Rosengasse 24 (zuletzt Färberei Arnold) beseitigt werden. Dass es sich bei den beiden Gebäuden um wichtige Denkmäler der Geschichte Coburgs handelte, störte anscheinend damals nicht. Schließlich befand sich seit 1317 an dieser Stelle das so genannte Ketschenbad bzw. die Untere Badstube in der sich die Coburger Bevölkerung des Mittelalters dem Badevergnügen hingeben konnte. Nun, im Jahre 1956 waren diese beiden Häuser Geschichte. An deren Stelle entstand ein einstöckiger Flachbau (ursprünglich war hier der Bau eines Hochhauses geplant, doch der Stadtrat lehnte eine solches Projekt im Jahre 1957 ab) der der Architektur der 1950er Jahre entsprach. Gleichzeitig wurde die Rosengasse verbreitert und die Sicht Richtung Süden gründlich verbessert.
Dieser Zustand blieb bis 1983 erhalten. Danach verlegte man die Bundesstraße 4 auf den Neuen Weg bzw. Adamistraße und erklärte die Ketschengasse zur verkehrsberuhigten Zone. Seit 1997 ist der obere Teil dieser Straße eine Fußgängerzone.
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