Die Mohrenstraße war am Anfang ihres Bestehens eine Wohnstraße des gehobenen Mittelstandes. So liest man in einem alten Adressbuch folgende Berufsbezeichnungen bzw. Titel: Bankdirektor, Arzt, Professor, Geheimrat, Schulrat, Baumeister, Rohrmöbelfabrikant, Bürgermeister, Rechnungs-rat, Kommerzienrat, Eisenbahnbetriebsinspektor usw. Genauso auffallend ist die Tatsache, das in der Mohrenstraße zahlreiche Privatiers wohnten. Das waren keine Rentner im heutigen Sinne, sondern gut situierte Leute, meist Witwen, die von den Zinsen ihres Kapitals lebten. Während sich heute in fast allen Erdgeschossen der Gebäude in dieser Straße gewerbliche Betriebe und in vielen Etagen Büroräume befinden, zählt man am Ende des 19. Jahrhunderts nur fünf Ladengeschäfte. Diese sollen im Rahmen des Aufsatzes kurz vorgestellt werden.
Zu den ältesten eingesessenen und noch existierenden Firmen der Mohrenstraße gehört das Café und die Konditorei Schubart, welche am 15. August 1891 im Hause Nr. 11 vom gebürtigen Eisfelder Carl Schubart gegründet wurde. Schon bald stieg das Unternehmen zum Hoflieferanten auf. Das verliehene herzogliche Wappen ist heute noch über dem Eingang zum Café zu sehen.
Ältere Leser werden noch ein zweites Café kennen, welches in der Mohrenstraße existierte. In den Gebäuden Nr. 21 und 23 war die am 1. Mai 1893 gegründete Konditorei Schilling sesshaft, welche bis 1990 bestand. Der Begründer des Unternehmens, der Bäckermeister Hermann Schilling, hatte beim Bau des Hauses Mohrenstraße Nr. 23, im Jahre 1892, auf die Planung einer Backstube im Kellergeschoss bestanden. Gegenwärtig befinden sich im früheren Café Schilling, das Schreibwa- rengeschäft McPaper & Co sowie die Werkstatt des Juweliers Schwahn aus dem Nachbarhaus Nr. 25.
Um dieses Nachbarhaus soll es nun gehen. Im Jahre 1894 zog in das neu erbaute Gebäude das Wäschegeschäft von Clara Blüming ein, welches bereits zehn Jahre vorher schon gegründet worden war. Auch dieses Unternehmen gehörte zum Kreis der herzoglich sächsischen Hoflieferanten. In eine Annonce aus dem frühen 20. Jahrhundert warb man für seine feine Wäsche und seiner auserlesenen Herrenkonfektion. Das Geschäft konnte sich bis 1960 halten und wurde durch die Parfümerie und Drogerie Liedtke ersetzt.
Schräg gegenüber von Blüming lag das vierte alte Geschäft der Mohrenstraße. Im Hause Nr. 26 eröffnete im Jahre 1894 das Glas- und Porzellanwarengeschäft Alfred Henne, welches ebenfalls den Hoflieferantenstatus inne hatte. In der Wirtschaftskrise von 1929 ging dieses vornehme Geschäft zu Grunde. In die Räume zog schließlich der „Elektro-Trommer“ ein, bevor er in die Spitalgasse umzog. Heute beherbergt das Gebäude des Modegeschäft „Jeans-Reuter“ und einen chinesischen Schnellimbiss.
Etwas abseits lag das traditionsreiche Tapeten- und Linoleumgeschäft Volz in der Mohrenstraße Nr. 6. Bereits 1884 hatte die Firma Brockardt für den Kaufmann Ernst Volz ein Gebäude an dieser Straße errichtet. An der Seite zur Kanalstraße waren Lagergebäude angebaut, denn Volz betrieb auch einen regen Versandhandel. Der alte Verkaufsladen musste 1964 einem Neubau Platz machen, in dem das Tapetengeschäft Volz wieder einzog. Dort residierte das Unternehmen die letzten Jahre. Wirtschaftliche Zwänge führten schließlich 2005 zur Aufgabe des gut eingeführten Geschäftes.
Es sei gesagt, das die hier erwähnten fünf Geschäfte sinnbildlich für die Entwicklung der Mohren- straße von der Wohn- zur Geschäftsstraße stehen. Blättert man im Adressbuch von 1928, so entdeckt man weitere Geschäfte, die noch die Vornehmheit der Straße verdeutlichen. Zur Abrundung des Aufsatzes seien sie hiermit erwähnt: Herrenschneider & Ausstatter E. Wiegand (Nr. 21, später Café Schilling), Hofbuchhandlung Albert Seitz (Nr. 27, später Goebel-Porzellanwaren- geschäft), Nr. 31 (Optiker Müller), Weinstube Josef Fink (Nr. 16, heute Metzgerei Thein), Damen- putzgeschäft Margarethe Einmahl (Nr. 20, heute Imbisskette „Subway“) und der Hofjuwelier Willi Ganssen im Haus Nr. 30 (heute Geschäftsstelle der Sparda-Bank).
Eines zeigt diese Auflistung jedoch auch, nämlich wie sehr sich die Geschäftswelt in der Mohrenstraße sich verändert hat. Die Jahre haben auch das Aussehen der einzelnen Häuser nachhaltig geprägt, meist nicht zu ihrem Vorteil. Eine Ahnung wie schön und kunstvoll die Außenfassaden der Geschäfte einst waren, geben uns noch die Anwesen Nr. 26 (Jeans-Reuter) und 27 (Wig-Wam). 1990/91 rekonstruierte man die Erdgeschossfassaden der Häuser Nr. 21 und 23, nach Aufgabe des Cafés Schilling nach altem Vorbild. Das gleiche geschah mit dem Parterre des Anwesens Nr. 33 (Bäckerei Grams, ehemals Neue Presse). Es ist interessant, wie sich die Mohrenstraße in den nächsten Jahren noch entwickeln wird.
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