Die Pulverberg-Gemeinde
Die Pulverberg-Gemeinde
Wenn auch die Jahre vergehen…
Ein Rückblick auf die Pulverberg-Gemeinde Coburg
Von Ulrich Göpfert
Das Bild aus den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts zeigt den Festzug in der Eigenheimstraße in Coburg anlässlich des Kinderfestes der Pulverberg-Gemeinde Repro: Ulrich Göpfert
Erinnerungen an meine Kindheit in der „Pulverberg-Gemeinde“ Coburg, eine Gemeinde in der Stadt, die schon seit über 75 Jahren besteht.
Der Autor dieses Beitrages wohnt zwar heute in Dörfes-Esbach, doch viele Erinnerungen verbinden ihn noch immer mit der Lauterer Straße in Coburg. Zum einen wurde er 1949 dort geboren und zum anderen wohnten dort viele Jahrzehnte seine Großeltern Anna und Franz Zeidler in dem Haus Nr. 16. Großvater Franz Zeidler war Gründungsmitglied der Pulverberg-Gemeinde Coburg und außerdem über Jahrzehnte deren Kassierer. Pulverberg-Gemeinde werden sich heute viele fragen, eine Gemeinde in der Stadt wie gibt es denn so etwas? Nun, neben dieser Gemeinde gab und gibt es in der Stadt Coburg außerdem noch die Nachbargemeinden Hahnweg, Hut und Stets am Bach.
Die Gründung der Gemeinde
Die Namensgebung der Gemeinde geht auf ein in den Jahren 1894 bis 1896 errichtetes Pulverhäuschen, das an der Reichsstraße Coburg“ Eisfeld stand zurück. Der Volksmund nannte bald darauf den Berg „Pulverberg“. Nach dem Abriss des Pulverhäuschens ist der „Pulverberg“ zur Bebauung freigegeben worden.
Gegründet wurde die Pulverberg-Gemeinde im Jahre 1932 von den Nachbarn Franz Carl, Franz Zeidler, Ludwig Stegner und Dietrich Meyer. Nach der Vereinssatzung sollte die Gemeinde zunächst der Pflege der Geselligkeit, der nachbarlichen Hilfe und Zusammengehörigkeit sowie der Wahrnehmung der Rechte und Interessen der Anlieger der Lauterer Straße, der Querstraße und der Eigenheimstraße dienen. Vereinslokal war die Gastwirtschaft „Zum Lautergrund“ in der Lauterer Straße, später war es die Gaststätte „Der alte Fritz“ in der Rodacher Straße.
Unvergessliche Erlebnisse
Der kameradschaftliche und familiäre Geist dieser Gemeinde war es, der mich als Kind fasziniert und auch für mein Leben geprägt hat. Was wurde nicht alles für die Mitglieder und deren Kinder und Enkelkinder getan in den 50iger Jahren des vorherigen Jahrhunderts! Höhepunkt war immer der traditionelle Familienausflug am Himmelsfahrtstag zu den Naturfreunden an die Hoffmannsteiche, ein anderer der ebenso alljährlich stattfand war der Besuch auf dem Sommersitz Tiefenlauter von Ehrenmitglied Ludwig Stegner, der mit dem „Lebensnotwendigen“ (Bier, Limo und Bratwürsten) nie geizig war. Nicht missen möchte ich die Kinderfeste, die auf dem „Eigenheimplatz“ stattfanden mit „Eierlaufen“, „Sackhüpfen“ usw. Ein „Kletterbaum“, der mit vielen Süßigkeiten bestückt war, ist immer ein großer Anziehungspunkt für uns Buben gewesen. Vorher war immer die gesamte Gemeinde mit Kind und Kegel festlich gekleidet in einem Festzug durch die Straßen der Pulverberg-Gemeinde gezogen. Große Freude waren für uns Kinder und auch für die Erwachsenen die Faschingsveranstaltungen in der Gastwirtschaft „Zum Lautergrund“. Die Stiftungsversammlungen mit Festessen und der alljährliche Vereinsbesuch anlässlich des Coburger Vogelschießens, bei dem es für uns Kinder immer Limo, Bratwurst, Eis und sonstige Süßigkeiten gab, mit denen wir das Jahr über nicht allzu üppig verwöhnt wurden.
Doch unbestrittener Höhepunkt für uns Kinder waren immer die Weihnachtsfeier, die mit besonderer Liebe vorbereitet wurde.
Am Abend des Vortages der Weihnachtsfeier trafen sich immer Mitglieder der Pulverberg-Gemeinde im Wohnzimmer meiner Großeltern. Dort wurden dann, die meist von meinem Großvater in seiner Eigenschaft als Kassierer beschafften Weihnachtsgeschenke, für die Kinder und Mitglieder, in Päckchen mit Weihnachtspapier verpackt. Noch heute habe ich den weihnachtlichen Duft der Apfelsinen, Nässe und dem sonstigem Naschwerk in meiner Nase, der genau abgezählt auf den „Bunten Tellern“ verteilt wurde, die dann bei der Weihnachtsfeier ihre Verwendung fanden.
Ohne Fleiß kein Preis
Wir Kinder trugen zum Gelingen dieser Weihnachtsfeier immer unseren Teil bei. So übernahmen wir mit unseren Blockflöten und anderen Instrumenten die musikalische Ausgestaltung dieser Feier. Unsere schauspielerischen Talente stellten wir bei den Krippenspielen unter Beweis. Wir wurden dazu mit dem passendem „Outfit“ von unseren Müttern bzw. Großmüttern bestens ausgestattet. Außerdem fand so mancher Hut des Vaters, bzw. Spazierstock, des Großvaters als Accessoire bei den „Hirten-Darstellern“ ihre Verwendung. Meistens wurde von den gemeindeberühmten Dichtern für jedes Mitglied ein fröhlicher Vers geschmiedet, der mit Scherz-Geschenken vom Nikolaus überreicht wurde. Höhepunkt war immer eine Tombola bei der es immer schöne Preise zu gewinnen gab, die zumeist von den Firmen Goebel, der Coburger Sparkasse und der Brauerei Scheidmantel zu diesem Zweck gestiftet wurden.
Das alles sind unvergessliche Erinnerungen an eine schöne Kindheit, die ich zu einem Teil mit der Pulverberg-Gemeinde erleben durfte. Auch erinnert es daran, wie in den damaligen Zeiten, mit dem wenigen was den Leuten zur Verfügung stand, Großartiges geleistet wurde und wir Kinder stets auf der glücklichen Seite im Leben standen.