Ein Beitrag von Ulrich Göpfert
Die Hinrichtung / mit „feuer von leben zum todt“
Die Richtstätte wurde jeweils für die Exekution vorbereitet. Diejenigen, die bei der Verbrennung von Mahr Hatzius (Streufdorf, 1628/29) das Gericht mit „Spießen und Stangen verwahrten“, erhielten 6 Gulden Gebühr ausbezahlt. Die Todeskandidaten wurden zum Richtplatz von Priestern begleitet (Art. 102 CCC ein oder zwei). „Man mag im auch inn dem füren für gericht und außführen zum todt stettigs eyn Crucifix fürtragen „CCC Art. 102). Dem „Herrn Pfarrherrn und seinen zwei Collegen“ wurden für die Mitwirkung bei der Exekution von Mahr Hatzius 15 Groschen und 9 Pfennig zuteil.
Der / die / Todeskandidat / in / mußte seine / ihre / Urgicht, das Schuldbekenntnis, öffentlich kundtun. Der Centgraf zerbrach seinen Gerichtsstab als Zeichen der Verurteilung und warf ihn der „Hexe“ vor die Füße, um sie aus der Rechtsgemeinschaft auszustoßen. Mahr Hatzius wurde vom Nachrichter Hannß Schneller (Scheller) aus Coburg auf einem „Karn mit Pferd“ (Gebühr 10 Gulden) zum Richtplatz bei Hildburghausen gefahren. Zur Hinrichtung „mit Feuer vom Leben zum Tod“ mußten Pfahl und Scheiterhaufen vorbereitet werden. Mahr Hatzius wurde mit Ketten an den Richtpfahl geschmiedet. Für „Ketten, Kloben; auch anderer Zugehör“ entstanden 3 Gulden als Kosten. Zum Entfachen und als Brandbeschleuniger benutzte man Pulver und Schwefel. Beim Krämer Jörg Schundtern in Hildburghausen wurden für die Verbrennung von Ursula Kalb (Leimrieth) 2 Pfund gantzen Schweffel jedes pro 2 Patzen und 1 ½ Pfund Bulffer“ gekauft
Der Feuerstoß wurde aus Stroh, Reisig und Holz aufgeschichtet. Bei Mahr Hatzius bestand er aus einem Mantel (= 15 Garben) Stroh (=15 Groschen, 9 Pfennig), ein Schock (=60 Bund) Reisig (5 Groschen, 3 Pfennig) und „anderthalb Claffter Holz“ (1 Gulden, 18 Groschen). Für die Anfuhr des Brennmaterials wurden 4 Gulden, 13 Groschen, 4 Pfennig verrechnet. Um den Opfern die peinvolle Marter abzukürzen, hängten manche Henker ihnen ein Säckchen mit Schwefel oder Pulver um den Hals. Nach der Vollstreckung des Todesurteils wurde die Gerichtsmahlzeit eingenommen. Die Gerichtspersonen hatten darauf einen Anspruch.
In der Gebührenordnung zur Coburger Hexenordnung waren die Sätze für die Zehrungskosten durch Herzog Johann Casimir festgelegt worden. Der Centgraf in Coburg 7 Groschen für die „Mahlzeit“, in Heldburg 10 Groschen 6 Pfennig für „die Mahlzeit nach gehaltenem und vollzogenen Halsgericht“. In Heldburg speisten Schöppen, Land- und Stadtknecht je für 5 Groschen 3 Pfennig. Die Speisefolge bei diesen Gerichtsmahlzeiten war durchaus üppig, wie man aus den Unterlagen ersehen kann.
Einige Beispiele aus der Zeit der Hexenverfolgungen in Coburg
In Coburg fand nach dem Kirchenbuch von St. Moriz der erste Hexenprozess 1565 statt. Am Donnerstag nach D. Cantate mit dem Schwert hingerichtet: 1. Barbara Leuterin, 2. Barbar Kühlmännin als Zauberin, „die den Männern ergeben“ (d.h., die ihnen die Manneskraft genommen) „und durch Zauberei Krankheit des Leibes beigebracht“, 3. Elisabeth Kühlmännin, Tochter der Barbara, wegen Kindesmordes und „weil sie zu mancher Sünde geholfen und der Mutter zugetragen“. Barbara Leuterin und Barbara Kühlmännin wurden nach der Enthauptung verbrannt.
Am 19. März 1628 wurde Anna Günzel aus Ahorn mit dem Schwerte gerichtet und verbrannt. „3 maß Holz auf die Hohe Straß“ gebracht. 1628 ist Kunigunda, Veiten Anhangs S. Witwe wegen „hexerey lebendig inß feuer gesetzet und verbrandt worden“. 1628 Agnes Bachenschwanz, Frau des Bürgermeisters Andreas Bachenschwanz hingerichtet am 5. Juli 1628. „8 maß Holz auf die Hohe Straß“ gebracht. An „Hexerey geldern“ wurden eingebracht am 3. November 1628: 400 Reichstaler und weitere 500 Reichstaler. 1628 Susanna Barnickel, Frau des Schlossers vorm Ketschentor, am 10. Mai hingerichtet. Es wurden „von dergleichen Ungeziefer 11 in diesem Jahr“ verbrannt, lautet die Eintragung.
1637 hatte eine Frau aus Roßfeld, Anna Hessin 2 Kinder ermordet, Würste davon gemacht und dann gegessen. Man hielt sie für eine Zauberin, brachte sie in Haft und wollte sie eben mit glühenden Zangen zerfetzen und dann verbrennen, sie starb noch zur rechten Zeit im Gefängnis. Ihr Körper wurde dennoch auf der Gerichtsstätte verbrannt. 1671 Den 18. November desselben Jahres ist die alte Gründefüllerin Zauberei halber enthauptet und nachher verbrannt worden. Die Liste dieser Grausamkeiten ist natürlich unvollständig was die Hexenverfolgungen und Hexenprozesse in Coburg und Umgebung angeht. Wir wollen es aber dabei bewenden lassen .
Der Willkür Tür und Tor geöffnet
Einige Landesherren schürten regelrecht den Hexenwahn, andere sahen ihren Hexenrichtern scharf auf die Finger und manche verurteilten fanatische Richter sogar zum Tode. Häufig musste auf die emotionalisierte Stimmung im Volke Rücksicht genommen werden. Hexenrichter handelten von sich aus, oft nur auf ein Gerücht hin. In der „Carolina“ Karls V. von 1532 war genau festgelegt, wann und wie gefoltert werden sollte. Allerdings wurden Hexenprozesse oft als Ausnahmeverfahren betrachtet, bei denen Folterungen beliebig verschärft und verlängert werden konnten.
Durch Folterungen wurden die Namen weiterer Verdächtiger erpresst. Das hatte auch ökonomische Hintergründe, denn die Prozesskosten mussten – wenn möglich – durch die Angeklagten aufgebracht werden, ein unbarmherziges Verfahren, das der Willkür Tür und Tor öffnete. 1275 wurde in Toulouse, Frankreich, eine Frau unter der Anklage der Hexerei verbrannt. Das war eine der ersten Hexenverbrennungen. 1792 wurde in Posen wohl die letzte Hexe auf europäischem Boden hingerichtet. Das Ende des Hexenwahns bahnte sich nur langsam an. Als entscheidender Vorkämpfer gegen ihn gilt uns heute der Jesuitenpater Friedrich von Spee (1591 – 1635).
Zitat:
„Ich will nun etwas sagen, das alle hören sollen, die Ohren haben zu hören. Man erfinde absichtlich irgendein gräßliches Verbrechen, von dem das Volk Schaden befürchtet. Man verbreite ein Gerücht darüber und lasse die Gerichte dagegen einschreiten mit denselben Mitteln, wie sie jetzt gegen das Hexenwesen angewandt werden. Ich verspreche, dass ich lebend ins Feuer geworfen werden will, wenn es nach kurzer Zeit in Deutschland nicht ebenso viele Schuldige geben sollte, wie es jetzt der Magie Schuldige gibt“.
Friedrich von Spee, Cautio criminalis 1631
Erst der Sieg der Aufklärung im 18. Jahrhundert führt zur Abschaffung der Hexenprozesse. Mindestens 100 000 Menschen, meist Frauen, sind dem Hexenwahn zum Opfer gefallen. Manche Forscher halten auch die doppelte Zahl – 200 000 – für realistisch. Es wird aber vermutet, mehr als eine Million Menschen könnten als Hexen hingerichtet worden sein. Die Zahl läßt sich nur schwer schätzen, da zu wenige Prozeßunterlagen aus jenen Jahrhunderten erhalten sind.