Hermine und Siegfried Kohn, geb. 1878 und 1873 / Mohrenstraße 10
Mohrenstraße 10
Hier wohnten und arbeiteten Hermine und Siegfried Kohn.
Hermine Kohn wurde am 12. Juni 1878 in Skupsch in Böhmen geboren, Siegfried Kohn am 28. März 1873 in Scheiben Radisch, heute Tschechien. Das Ehepaar betrieb in diesem Haus ein Textilwarengeschäft. Am 25. März 1933 wurde Siegfried Kohn nachts verhaftet und in die alte Herberge gebracht. Einer der Mithäftlinge berichtete, dass die Nazis Siegfried Kohn in die Prügelstube schleppten und er dort seine Kleider wenden musste. Anschließend zwangen ihn die Nationalsozialisten, vor dem überhitzten Ofen Freiübungen zu machen. Weil er diese Übungen nicht schön genug machte, wurde er mindestens einmal ausgepeitscht. Der Zeuge berichtete weiter, dass Kohn bei seiner Auspeitschung gebrüllt habe, wie er noch nie ein Tier habe brüllen hören. Dieses Brüllen, so der Zeuge, könne er sein ganzes Leben nicht vergessen. Kohn sei anschließend nur mit einem Hemd bekleidet zu den Mithäftlingen zurückgekehrt. Ein anderer Zeuge berichtete, dass ihn das Grauen gepackt habe, als er die Blutlachen und die Blut- und Kotspritzer am Boden und an den Wänden sah.
Am 20. Oktober 1937 drangen Einbrecher in das Geschäft der Kohns ein und stachen Siegfried Kohn nieder. Der Oberstaatsanwalt teilte folgendes mit: „In den gestrigen Mittagsstunden, gegen halb zwei Uhr, wurde der jüdische Kaufmann Siegfried Kohn durch einen bisher noch nicht ermittelten Täter erstochen. Dieser Täter war bereits im Laufe des Vormittags zwischen elf und zwölf Uhr in dem Geschäftsraum des Kohn, um ihm geschäftliche Anerbietungen zu machen. Er ist nach etwa einer Stunde wieder gegangen. Etwa um halb zwei Uhr hörte die Hausangestellte des Kohn laute Hilferufe. Sie eilte zum Geschäftsraum und fand Kohn im Handgemenge mit dem Täter. Kohn wurde von ihm durch mehrere Stiche schwer verletzt. Er konnte sich noch bis zum nächsten Treppenabsatz schleppen, wo er tot zusammenbrach. Der Täter wurde nie gefasst, obwohl die Tat am helllichten Tag geschah und die Haushälterin den Mörder beobachten konnte. Auch auf die Hausangestellte von Siegfried Kohn, Christiane Margarethe Jakob, wurde ein Mordanschlag verübt. In ihrer Wohnung wurden die Gashähne aufgedreht. Sie überlebte den Mordanschlag und konnte nach Zwickau zu ihrer Schwester fliehen. Aufgrund vor Angst von Repressalien erstattete sie allerdings keine Anzeige.
Hermine Kohn wurde am 24. April 1942 nach Bamberg gebracht. Von dort aus wurde sie mit dem Zug nach Izbica bei Lublin deportiert. Wenige Monate später wurden um Izbica die ersten Vernichtungslager Belzec und Sobibor in Betrieb genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass Hermine Kohn in einem dieser Lager umgebracht wurde. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Paten Hermine Kohn: Ina und Jürgen Kara
Pate Siegfried Kohn: Dieter Stößlein