Hilde Reinstein, geb. 1918
Untere Anlage 2, Gymnasium Albertinum
Hier lernte Hilde Reinstein, geborene Ehrlich.
Hilde Reinstein wurde 1918 geboren und war die Tochter des jüdischen Kaufmanns Hermann Ehrlich, der in der heutigen Sally-Ehrlich-Straße 10 eine Hut- und Mützenfabrik besaß. Hilde Reinstein erinnerte sich, dass sie in Coburg zunächst eine glückliche Kindheit verbrachte. Sie ging in diesem Gebäude, dem damaligen Gymnasium Albertinum, zur Schule. In ihrer Freizeit trieb sie viel Sport. Vor allem Leichtathletik machte ihr Spaß und sie gewann viele Preise bei Wettkämpfen „1933 kam Hitler an die Macht, und der Wind drehte sich“, erinnerte sich Hilde Reinstein. „In meiner Klasse war die Tochter eines hohen Nazi-Funktionärs. Einige der Schüler und Lehrer beschimpften und verspotteten mich, um sich bei dem neuen Regime einzuschmeicheln, und machten mir das Schülerdasein unerträglich. Meine Eltern schickten mich auf eine jüdische Privatschule nach Wolfratshausen in Oberbayern. Aber nach einem Jahr hatte sich die Situation verschlimmert, so dass meine Eltern eine Möglichkeit suchten, mich nach England zu bringen. Das erforderliche Studentenvisa erhielt ich 1935.“
1938 packte Hilde Reinstein das Heimweh und sie reiste von England zurück nach Coburg. Während ihres Aufenthalts in der Vestestadt verfügten die Nazis, dass alle Pässe von Juden eingezogen und mit einem „J“ gestempelt werden sollten. Hilde Reinstein wurde klar, dass sie mit diesem „J“ nicht ohne weiteres nach England kommen würde. Deshalb kaufte sie sich für die Reise am Bahnhof die schlimmsten Naziblätter, die sie finden konnte und setzte sich damit in den Zug, der sie zunächst nach Belgien bringen sollte. Kurz vor der belgischen Grenze hielt der Zug an und allen Juden wurde befohlen, auszusteigen. Hilde Ehrlich blieb sitzen und hielt die Zeitungen auffällig in ihrer Hand. Sie wusste in diesem Moment, dass es für sie um Leben und Tod ging. Als sich die Tür zu ihrem Abteil öffnete und die Gestapo auf sie zukam, versuchte sie gelassen zu bleiben und erwiderte den Hitler-Gruß. Hilde Reinstein hatte Glück und erweckte kein Misstrauen. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung und überquerte die Grenze nach Belgien. Hilde Reinstein erinnerte sich, dass sie kurz darauf zur Toilette rannte und sich übergeben musste. Von Belgien aus reiste Hilde Reinstein mit dem Schiff weiter nach England, wo sie endgültig ein neues Leben begann.
Patin: Karin Schunk