19. Januar 1919: Die Wahlen zur deutschen Nationalversammlung
Am 19. Januar 1919 wurde im Reich und damit auch in Coburg die Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung abgehalten. Im Raum Coburg kam es dabei zu folgenden Ergebnissen[1]:
USPD | SPD | DDP | CVP (Zentrum und BVP im Reich bzw. in Bayern) | DNVP/DVP | |
Freistaat Coburg
Stimmen % |
712
1,87 |
20.865
54,77 |
13.081
34,34 |
186
0,49 |
3.253
8,54 |
Reich Stimmen
% |
2.317.290
7,62 |
11.509.048
37,86 |
5.4997.22
18,10 |
5.719.957
18,82 |
4.467.117
14,69 |
Wahlberechtigte | Abgegebene Stimmen | Gültige Stimmen | Wahlbeteiligung in % | |
Freistaat Coburg | k. A. | k. A. | 38.097 | k. A. |
Reich | 36.766.500 | 30.524.848 | 30.400.343 | 82,68 |
Erklärungen zur Tabelle:
USPD = Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands
SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands
DDP = Deutsche Demokratische Partei
CVP = Christliche Volkspartei
DNVP = Deutschnationale Volkspartei
DVP = Deutsche Volkspartei
(Dass bei den dargestellten Ergebnissen der Reichstagswahl die Anzahl der gültigen Stimmen aus der ersten Tabelle nicht mit der Gesamtzahl der gültigen Stimmen aus der zweiten Tabelle übereinstimmt und auch die Prozentangaben bei den Ergebnissen für das Reich zusammenaddiert nicht 100% ergeben, hängt damit zusammen, dass nicht alle Parteien in Coburg zur Wahl standen. In der ersten Tabelle fanden nur Parteien Berücksichtigung, die in Coburg kandidiert hatten.)
Die Coburger hatten bedingt durch den Schock der Weltkriegsniederlage und der Angst vor der Rätebewegung bzw. vor der radikalen Linken mehrheitlich für demokratische Parteien, die SPD, die DDP und die CVP, gestimmt. Die drei Parteien kamen im Coburger Land auf insgesamt 34.132 Stimmen, was einen Prozentanteil von knapp 90% darstellte. Damit hatte man im Coburger Land deutlich demokratischer gewählt als im Reich, wo die Weimarer Koalition aus SPD, DDP und CVP (Zentrum/BVP) zusammen auf nur rund 75% kamen. Auch in den Einzelergebnissen übertrafen die demokratischen Parteien in Coburg ihre Reichsresultate. Einzig die CVP, die im Reich unter der Bezeichnung Zentrum bzw. als BVP in Bayern kandidierte, unterbot in Coburg ihr Reichswahlergebnis deutlich. Dies ist aber nicht verwunderlich, da die CVP bzw. das Zentrum/BVP eine katholisch geprägte Weltanschauungspartei war und das Coburger Land mehrheitlich protestantisch war.[2]
Die radikalen Parteien, also die USPD und gemeinsame Wahlliste von DNVP und DVP, fanden im Coburger Land deutlich weniger Zustimmung als im Reich. Das Wahlergebnis suggerierte also, dass die Demokratie und die sie tragenden Parteien im Coburger Raum kurz nach der Revolution vom November 1918 eine breite Basis besaßen. Coburg schien zu einem Bollwerk der Demokratie geworden zu sein. Ob das Ganze aber nur ein Strohfeuer war, mussten die künftigen Wahlen zeigen.[3]
[1] Zahlen nach: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reiches. 28. Jg. 1919. Erstes Ergänzungsheft. Die Wahlen zur verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919. Berlin 1919. S. 17ff.; Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reichs. 28. Jg. 1919. 4. Heft. Berlin 1919. S. 278ff. (Online unter: http://www.gonschior.de/weimar/php/index.php?wahl_akt=0. Stand: 08. Januar 2010)
[2] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 32, 34.
[3] Ebenda, S. 34.