4. Mai 1924: Reichstagswahlen

Am 4. Mai 1924 standen die Wahlen zum deutschen Reichstag an. Der Wahlkampf im Reich sowie in Coburg war vom Gegensatz zwischen den Rechtsparteien und den demokratischen Parteien geprägt. Den Letzteren wurde von den Rechtsparteien der Vorwurf der „Erfüllungspolitik“ gemacht. Durch das kurz zuvor erstellte Dawesgutachten, das vorschlug, wie die Reparationszahlungen Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg zu regeln seien, erhielt dieser Vorwurf eine noch radikalere Dimension. Der Wahlkampf der demokratischen Parteien bestand zum größten Teil in der Verteidigung der Weimarer Republik und des Dawesplans.[1]

Die Wahl brachte folgendes Ergebnis[2]:

KPD USPD SPD DDP Zentrum BVP DVP DNVP NSFB
Coburg insgesamt

Stimmen

%

1.239

3,39

 

174

0,48

 

14.507

39,64

 

1.383

3,78

 

52

0,14

513

1,40

262

0,72

 

7.007

19,15

 

11.280

30,82

Stadt Coburg

Stimmen

%

150

1,18

65

0,51

4.144

32,49

820

6,34

29

0,23

400

3,14

172

1,35

1.531

12,01

5.344

41,93

Bezirksamt Coburg

Stimmen

%

 

489

2,68

 

78

0,43

 

8.092

44,33

 

408

2,24

 

16

0,09

 

91

0,50

 

64

0,35

 

5.282

28,94

 

3.671

20,11

Stadt Neustadt bei Coburg

Stimmen

%

527

12,73

24

0,58

1.631

39,39

65

1,57

4

0,10

13

0,31

15

0,36

85

2,05

1.753

42,33

Stadt Rodach

Stimmen

%

73

5,01

7

0,48

640

43,93

90

6,18

3

0,21

9

0,62

11

0,75

109

7,48

512

35,14

Reich

Stimmen

%

3.693.280

12,61

235.145

0,80

6.008.905

20,52

1.655.129

5,65

3.914.379

13,37

946.648

3,23

2.634.381

9,00

5.756.475

19,66

1.918.329

6,55

Wahlberechtigte Abgegebene Stimmen Gültige Stimmen Wahlbeteiligung in %
Coburg 47.904 36.822 36.596 76,87
Reich 38.374.983 29.709.380 29.281.798 77,42

Erklärungen zur Tabelle:

KPD = Kommunistische Partei Deutschlands

USPD = Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands

SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands

DDP = Deutsche Demokratische Partei

BVP = Bayerische Volkspartei

DNVP = Deutschnationale Volkspartei

DVP = Deutsche Volkspartei

NSFB = Nationalsozialistische Freiheitsbewegung

Anmerkung: Die DDP trat in Coburg zusammen mit dem „Deutschen Bauernbund“ als „Deutscher Block in Bayern“ an. Des Weiteren fanden Einzelstimmen, die auf kleine Parteien und Gruppierungen in Coburg insgesamt entfielen, in der Tabelle keine Berücksichtigung.

(Dass bei den dargestellten Ergebnissen der Reichstagswahl die Anzahl der gültigen Stimmen aus der ersten Tabelle nicht mit der Gesamtzahl der gültigen Stimmen aus der zweiten Tabelle übereinstimmt und auch die Prozentangaben bei den Ergebnissen für das Reich zusammenaddiert nicht 100 % ergeben, hängt damit zusammen, dass nicht alle Parteien in Coburg zur Wahl standen. In der ersten Tabelle fanden nur Parteien Berücksichtigung, die in Coburg kandidiert hatten.)

Das Wahlergebnis zeigt, dass sich die Wähler in Coburg sowohl sehr stark von der DDP als auch von der DNVP abgewandt hatten. So hatte die DDP im Vergleich zur Reichstagswahl vom 6. Juni 1920 rund 14 % verloren. Die DNVP und die DVP, die 1920 noch mit einer gemeinsamen Liste angetreten waren, hatten zusammen rund 17 % eingebüßt. Die SPD hingegen konnte ihren Aufwärtstrend fortsetzen. Sie verbesserte sich um rund 8 %. Der größte Gewinner in Coburg war aber die „Nationalsozialistische Freiheitsbewegung“. Ihr gelang es insgesamt in Coburg circa ein Drittel, in der Stadt Coburg sogar über 40 %, der Wählerstimmen zu erlangen, während sie reichsweit nur 6,55 % der Stimmen erhielt. In Coburg bestand offensichtlich schon sehr früh ein hohes Wählerpotenzial für die Parteien des rechten Spektrums.[3]


[1] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 74.

[2] Zahlen nach: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Statistik des Deutschen Reiches. Band 315. I–VI. Die Wahlen zum Reichstag am 4. Mai 1924 und am 7. Dezember 1924 (Zweite und dritte Wahlperiode). Berlin 1928. (Online unter: http://www.gonschior.de/weimar/php/index.php?wahl_akt=0. Stand: 10. Januar 2010).

[3] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. S. 77.