8. Dezember 1929: Stadtratswahlen
Trotz der Stadtratsneuwahlen vom 23. Juni 1929, die durch einen von den Nationalsozialisten initiierten Volksentscheid erzwungen worden waren, fanden im Dezember 1929 dennoch die turnusgemäßen Stadtratswahlen statt. Die Coburger hatten also ein halbes Jahr nachdem sie der NSDAP eine Mehrheit im Stadtparlament verschafft hatten, die Chance, dies wieder rückgängig und die Juni-Wahlen zu einem „Ausrutscher“ zu machen.[1] Sie taten dies jedoch nicht, wie das folgende Ergebnis der Wahl zeigt[2]:
Stimmen | % | Sitze im Stadtrat | |
KPD | 117 | 0,85 | 0 |
SPD | 3.789 | 27,48 | 7 |
DVP (= National-liberaler Verband) | 266 | 1,93 | 0 |
Wirtschaftsliste | 408 | 2,96 | 0 |
BVP | 470 | 3,41 | 0 |
DDP | 475 | 3,45 | 1 |
Bürger- und Wirtschaftsblock (= DNVP) | 1.914 | 13,88 | 4 |
NSDAP | 6.348 | 46,04 | 13 |
Wahlberechtigte | Gültige Stimmen |
16.876 | 13.787 |
Erklärungen zur Tabelle:
KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands
DDP = Deutsche Demokratische Partei
BVP = Bayerische Volkspartei
DNVP = Deutschnationale Volkspartei
DVP = Deutsche Volkspartei
NSDAP = Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Im Vergleich zur Juni-Wahl konnte sich die NSDAP nochmals steigern. Hatten sich im Juni 5.140 Coburger für die Hitler-Partei entschieden, waren es jetzt 6.348. Dieses Plus von rund 1.200 Stimmen muss verwundern, denn in den fünf Monaten zwischen den Stadtratswahlen hatte Coburg aufgrund der katastrophalen Finanzpolitik der Nationalsozialisten ihre Selbstverwaltung verloren; es stand unter der Kuratel der Kreisregierung in Bayreuth. Doch dies und der anwachsende Schuldenberg der Stadt sorgten für keinen Wandel im Wahlverhalten der Coburger Bürgerschaft.[3] Die anderen Parteien konnten mehr oder weniger ihr Ergebnis halten. Nur die DVP musste herbe Verluste einstecken. Sie verlor innerhalb eines halben Jahres 791 Wählerstimmen. An den Mehrheitsverhältnissen im Coburger Stadtrat hatte sich nichts verändert. Die NSDAP verfügte immer noch über 13 und die anderen Parteien über 12 Sitze. Der einzige Unterschied bestand nun darin, dass die DVP ihre beiden Sitze verlor, der Bürger- und Wirtschaftsblock (= DNVP) einen hinzugewann und die DDP mit einem Stadtrat wieder ins Stadtparlament einziehen konnte.
Somit hatten die Nationalsozialisten zwar wie im Juni 1929 die Mehrheit im Stadtrat erlangt, doch noch immer konnten sie im Stadtrat durch die Stimmen des Ersten und Zweiten Bürgermeisters, die im Stadtrat stimmberechtigt waren, überstimmt werden. Es hatte sich nach den Wahlen des Dezembers im Vergleich zum Juni nichts verändert.
[1] Asmalsky, Ludwig: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur Prüfung für das Lehramt an den Gymnasien in Bayern an der Universität Würzburg. Würzburg 1969. S. 54.
[2] Zahlen nach: Ebenda, S. 55.
[3] Schmehle, Günther: Coburg und die Deutsche Arbeiterbewegung. Die Arbeiterbewegung im Raum Coburg von ihren Anfängen bis in die Gegenwart, im Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung der Arbeiterbewegung, insbesondere in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Diss. Bamberg 1980. S. 171f.