1932: Der Aufbau des Coburger Arbeitsdienstes
Im Jahr 1932 richteten die Nationalsozialisten in Coburg einen „Freiwilligen Arbeitsdienst“ (FAD) ein. Durch diese Organisation sollten Arbeitslose im Alter zwischen 18 und 25 Jahren nicht nur wieder vorübergehend beschäftigt, sondern auch kaserniert und erzogen werden. Zu diesem Zweck wurde in einem Waldgebiet bei Wüstenahorn, etwa eine Dreiviertelstunde Fußmarsch von Coburg entfernt, ein geschlossenes Arbeitslager errichtet.[1]
Die Aufnahme in das Lager fanden nur männliche Jugendliche, in der Regel zwischen 18 und 25 Jahren, ohne festes Einkommen, die sich freiwillig gemeldet hatten. Mit der Freiwilligkeit des Arbeitsdienstes war es allerdings nicht weit her, da denen, die sich nicht meldeten, die Unterstützungsgelder der Stadt gestrichen wurden.[2] Ihren Einsatz fanden die FAD-Arbeiter vor allem im Straßen- und Siedlungsbau und bei Steinbrucharbeiten.[3]
Das Leben im Lager glich dem in einer Kaserne. Der Tagesablauf war streng reglementiert und bestand neben der Arbeit aus diversen Appellen, Märschen sowie Exerzierübungen. Darüber hinaus wurde den FAD-Arbeiter die nationalsozialistische Weltanschauung näher gebracht. Die Nationalsozialisten versuchten über diese Einrichtung neue Anhänger zu gewinnen.[4]
Die Bezahlung der FAD-Arbeiter ist als eher symbolisch zu bezeichnen. Die Dienstwilligen bekamen einen wöchentlichen Lohn von 24,94 RM, wobei ihnen pro Woche nur ein Taschengeld von 3,50 RM ausbezahlt wurde. Der Rest wurde zur Deckung der Kosten von Quartier, Kleidung und Essen verwandt. Ein geringer Teil des Geldes wurde auch von der Stadtverwaltung als Zwangssparbetrag einbehalten. Durch die geringe Bezahlung wollten die Nationalsozialisten eine „Entartung“ der Jugendlichen verhindern und sicherstellen, dass möglichst viel Geld an die Stadt zurückfloss.[5]
Trotz der geringen Bezahlung und des streng geregelten Tagesablaufs wirkte der Coburger FAD auf viele Arbeitslose wie ein Allheilmittel. Dies ist zum Teil auch verständlich. Denn dort bekamen viele Jugendliche Arbeit, einen geregelten Tagesablauf, regelmäßig Essen und dazu noch etwas Geld. Für einen desillusionierten, arbeitslosen Jugendlichen, der auf der Suche nach etwas Halt im Leben war, stellte der FAD vermeintlich genau das dar, was er suchte.[6]
Die NS-Propaganda nutzte den Coburger FAD geschickt, um die arbeits- und sozialpolitischen Kompetenzen der Partei hervorzuheben. Des Weiteren lenkte der FAD davon ab, dass die in Coburg regierende NSDAP es entgegen ihrer Ankündigungen nicht geschafft hatte, das Arbeitslosenproblem und die wirtschaftlichen Probleme der Region in den Griff zu bekommen. Der FAD war also ein propagandistisches Instrument zur Beschönigung der tristen Realität. An den wirtschaftlichen Verhältnissen im Coburger Raumes änderte er nichts.[7]
[1] Albrecht, Joachim: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922-1933. Frankfurt/Main 2005. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe II. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 1008). S. 157.
[2] „Voraus zur Unzeit“. Coburg und der Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland. Katalog zur Ausstellung der Initiative Stadtmuseum Coburg e. V. und des Stadtarchivs Coburg im Staatsarchiv Coburg. 16. Mai bis 8. August 2004. Coburg 2004. (= Coburger Stadtgeschichte. Band 2). S. 110; S. 72; Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 157f.
[3] Ebenda, S. 158.
[4] Ebenda, S. 159; Asmalsky, Ludwig: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur Prüfung für das Lehramt an den Gymnasien in Bayern an der Universität Würzburg. Würzburg 1969. S. 72.
[5] „Voraus zur Unzeit“. S. 110; Asmalsky: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. S. 72; Albrecht: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. S. 158.
[6] Ebenda, S. 160.
[7] Ebenda, S. 161f.