1933-1938: Die Verdrängung der Juden aus dem Coburger Wirtschaftsleben
Nach der Machtergreifung Hitlers 1933 im Reich machten sich auch die Coburger Nationalsozialisten daran, das neue, von Berlin aus propagierte, bzw. in Coburg das schon lange bestehende, Weltbild, in ihrer Stadt konsequent umzusetzen. In der nationalsozialistischen Welt hatten Juden keinen Platz mehr. Aus diesem Grund begann man, sie neben dem öffentlichen auch aus dem wirtschaftlichen Leben zu verdrängen.
Kurz nach der Machtergreifung wurden die Ärzteverbände gleichgeschaltet. Dies bedeutete für Juden, dass sie aus allen Berufsorganisationen der Ärzte ausgeschlossen waren. Ebenfalls noch 1933 wurde jüdischen Ärzten die Behandlung von nicht-jüdischen Deutschen untersagt. Den jüdischen Ärzten – in Coburg nicht weniger als sieben – blieben nur jüdische Privatpatienten zur Behandlung. Diese Einschränkung des Patientenkreises erschwerte es jüdischen Ärzten immens, den Lebensunterhalt zu verdienen.[1]
Neben den Ärzten wurden auch jüdische Rechtsanwälte und Notare in der Ausübung ihres Berufes behindert. So durften ab dem 1. April 1933 jüdische Rechtsanwälte und Notare keine Gerichtsgebäude mehr betreten. Dies kam einem Berufsverbot gleich und stürzte die Betroffenen, hierunter auch 17 jüdische Coburger Rechtsanwälte, in große Not.[2]
Im Mai 1935 traf es dann die jüdischen Viehhändler. Die Stadtverwaltung Coburgs verbot von diesem Monat an den Viehhandel zwischen nicht-jüdischen Bauern und Juden. Da diese Anordnung aber nur teilweise befolgt wurde, es nicht genügend nicht-jüdische Viehhändler gab und die Juden sich gegen diese Regelung beschwerten, konnten in Coburg sechs jüdische Viehhändler bis zur Reichspogromnacht 1938, wenn auch unter strenger Kontrolle, weiterhin ihren Geschäften nachgehen.[3]
Was die jüdischen Kaufhäuser Coburgs angeht, so wurde deren Geschäft schon durch die seit 1929 bestehende Sonderbesteuerung von Warenhäusern und Filialen hart getroffen.[4] Nach 1933 wurden die jüdischen Kaufhäuser entweder enteignet, wie zum Beispiel das Kaufhaus Moses Conitzer & Söhne (1935), das Modehaus Ernst Zeilberger (1936), das Kaufhaus Max Kohn (1936) und das Kaufhaus Tietz (1936), oder die jüdischen Geschäftsinhaber verließen aufgrund der alltäglichen Anfeindungen und Geschäftsbehinderungen freiwillig die Stadt und ließen ihre Geschäfte zurück.[5]
Im April 1938 bereiteten die Nationalsozialisten in Coburg auch dem jüdischen Hausierhandel ein Ende. Nachdem der NSDAP in Coburg noch 1937 von der Regierung von Oberfranken und Mittelfranken mitgeteilt wurde, dass die bloße Zugehörigkeit zur „jüdischen Rasse“ kein Grund sei, einen Wandergewerbeschein zu verweigern, fanden die Coburger Nationalsozialisten einen Ausweg. Sie erließen die Verordnung, nach der Juden mit Einnahmen aus Haus-, Grundstücks- oder Ladenvermietung ein Wandergewerbescheine zu versagen sei. Coburg spielte bei dieser Regelung eine Vorreiterrolle, denn auf Reichsebene war den Juden im April 1938 das Hausiergewerbe noch nicht verboten worden. Im Reich sollte dies erst im Juli 1938 geschehen.[6]
Mit der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben“[7] vom 12. November 1938 wurde Juden ab dem 1. Januar 1939 jeglicher Betrieb von Einzelhandelsverkaufsstellen, Versandgeschäften oder Bestellkontoren sowie der selbstständige Betrieb eines Handwerks untersagt. Ihre Geschäfte sollten aufgelöst werden oder bei besonders wichtigen Betrieben an nicht-jüdische Eigentümer übergehen.[8] Damit waren die Juden im Reich und damit auch in Coburg endgültig aus dem deutschen Wirtschaftsleben verdrängt.
[1] Fromm, Hubert: Die Coburger Juden. Geschichte und Schicksal. Coburg 2001. S. 106.
[2] Ebenda, S. 107.
[3] Ebenda, S. 103f.
[4] Ebenda, S. 109.
[5] Ebenda, S. 111.
[6] Ebenda, S. 111f., 114.
[7] Reichsgesetzblatt 1938. S. 1580. (Online unter: http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=dra&datum=19380004&zoom=2&seite=00001580&ues=0&x=5&y=11. Stand: 19. Januar 2010)
[8] Fromm: Die Coburger Juden. S. 114.