24. April 1932: Landtagswahlen
Zwei Wochen nach dem zweiten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl fanden in Bayern Landtagswahlen statt. Aufgrund des guten Abschneidens Hitlers bei den Wahlen zum Reichspräsidenten in Coburg traten die Nationalsozialisten sehr selbstbewusst auf. Sie versuchten im Wahlkampf Coburg als NS-Musterstadt anzupreisen. Zu dieser konnte Coburg natürlich nur durch die dortige nationalsozialistische Herrschaft werden. Die politischen Gegner versuchten diese Propaganda mit dem Hinweis auf die Zwangshaushalte, die der Stadt vonseiten der Kreisregierung in Bayreuth wegen der allzu spendablen Steuergeschenke der Nationalsozialisten seit Jahren diktiert wurden, und mit Hinweisen auf die ausufernde politische Gewalt zu entkräften.[1] Gewalt war aber auch im Wahlkampf ein Thema. So versuchten die Nationalsozialisten Andersdenkende mit gewalttätigen Übergriffen und Sachbeschädigungen zu beeinflussen bzw. einzuschüchtern.[2] Auf die Mehrheit der Coburger machte das offensichtlich keinen Eindruck.
Die Wahl am 24. April 1932 brachte folgendes Ergebnis[3]:
KPD | SPD | Bayerischer Bauern- und Mittelstandsbund (= Deutsche Staatspartei und Bayerischen Bauernbund | BVP | DVP und Wirtschaftspartei | DNVP | NSDAP | Sonstige | |
Coburg insgesamt
Stimmen % |
1.937 4,32 |
12.744 28,39 |
317 0,71 |
862 1,92 |
621 1,38 |
3.286 7,32 |
24.786 55,22 |
330 0,74 |
Stadt Coburg
Stimmen % |
385 2,42 |
3.783 23,78 |
165 1,03 |
546 3,43 |
337 2,11 |
1.329 8,35 |
9.240 58,09 |
119 0,79 |
Bezirksamt Coburg
Stimmen % |
930 4,19 |
6.621 29,86 |
115 0,52 |
275 1,24 |
94 0,42 |
1.834 8,27 |
12.195 55,00 |
107 0,48 |
Stadt Neustadt b. Coburg
Stimmen % |
525
10,05 |
1.657
31,72 |
8
0,15 |
28
0,54 |
172
3,29 |
37
0,71 |
2.705
51,78 |
92
1,76 |
Stadt Rodach
Stimmen % |
97 6,12 |
683 43,12 |
29 1,83 |
13 0,82 |
18 1,14 |
86 5,43 |
646 40,78 |
12 0,76 |
Bayern
Stimmen % |
259.338
6,64 |
603.693
15,45 |
252.256
6,46 |
1.272.005
32,55 |
65.947
1,69 |
127.870
3,27 |
1.270.792
32,52 |
55.825
1,43 |
Wahlberechtigte | Abgegebene Stimmen | Gültige Stimmen | Wahlbeteiligung in % | |
Coburg | 54.186 | 45.112 | 44.883 | 83,25 |
Bayern | 4.963.919 | 3.921.883 | 3.907.726 | 79,01 |
Erklärungen zur Tabelle:
KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
SPD = Sozialdemokratische Partei Deutschlands
BVP = Bayerische Volkspartei
DNVP = Deutschnationale Volkspartei
DVP = Deutsche Volkspartei
NSDAP = Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
(Dass bei den dargestellten Ergebnissen der Landtagswahl die Anzahl der gültigen Stimmen aus der ersten Tabelle nicht mit der Gesamtzahl der gültigen Stimmen aus der zweiten Tabelle übereinstimmt und auch die Prozentangaben bei den Ergebnissen für das Land Bayern zusammenaddiert nicht 100 % ergeben hängt damit zusammen, dass nicht alle Parteien in Coburg zur Wahl standen. In der ersten Tabelle fanden nur Parteien Berücksichtigung, die in Coburg kandidiert hatten.)
Der große Gewinner der Wahl zum bayerischen Landtag in Coburg war die NSDAP. Sie konnte in Coburg insgesamt die absolute Mehrheit erreichen. Richtig deutlich wird das Ausmaß des Sieges der Nationalsozialisten, wenn man das Ergebnis dieser Wahl, mit der letzten Landtagswahl von 1928 vergleicht. Hatten sich damals nur 6.988 Coburger bereitgefunden, die NSDAP zu wählen, waren es vier Jahre später im Amtsbezirk 24.786. Die großen Verlierer der Wahl waren die bürgerlichen Parteien. Repräsentierten Deutsche Staatspartei, BVP, DVP und DNVP 1928 noch rund 34 %, waren es jetzt nur noch rund 11 %. Hier zeigen sich ganz deutlich die Auflösungserscheinungen der bürgerlichen Mitte und bei der DNVP zugunsten der NSDAP.
Auch die SPD musste Verluste hinnehmen. Sie hatte im Vergleich zu 1928 rund 1.700 Wähler verloren und war im Coburger Land nur noch zweitstärkste Kraft. Die linksextreme KPD hingegen konnte rund 1.000 Stimmen mehr als 1928 für sich verbuchen und muss deshalb zu den Wahlsiegern gezählt werden.
[1] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 147f.
[2] Ebenda, S. 148.
[3] Zahlen nach: Zeitschrift des bayerischen Statistischen Landesamts 64 (1932). Nr. 2 und 3. S. 357ff. und http://www.gonschior.de/weimar/Bayern/LT5.html. (Stand: 16. Januar 2010).