30. März /10. April 1932: Reichspräsidentenwahlen

Im März und April 1932 fanden die Wahlen für das Amt des Reichspräsidenten statt. Im ersten Wahlgang standen sich dabei fünf Kandidaten gegenüber: Adolf Hitler (NSDAP), Theodor Duesterberg (DNVP), Gustav Winter (Kandidat der Inflationsgeschädigten), Paul von Hindenburg (SPD, Zentrum, DDP) und Ernst Thälmann (KPD).

Der Wahlkampf in Coburg war durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet. Zum einen hielt Herzog Carl Eduard die Zeit für gekommen, sich ganz offiziell zu Adolf Hitler zu bekennen und ihn zu unterstützen. Zusammen mit Graf Rüdiger von der Goltz und Admiral von Schröder verfasste und veröffentlichte er am 23. März 1932 einen Wahlaufruf für Hitler, in dem stand, dass nur Hitler Deutschland vom ungeliebten Weimarer System befreien und zu neuer Stärke führen könne. Dieser Schritt des Herzogs hatte für viele Coburger eine Vorbildfunktion.[1]

Die zweite Besonderheit des Wahlkampfes in Coburg war, dass die Nationalsozialisten die Werbung für die anderen Kandidaten massiv behinderten bzw. gar nicht erst zuließen. So wurden zum Beispiel alle Litfaßsäulen, die unter städtischer Regie standen, ausschließlich an die NSDAP vergeben.[2]

Die Wahl am 30. März 1932 brachte folgendes Ergebnis[3]:

Ernst Thälmann Paul von Hindenburg Gustav Winter Theodor Duesterberg Adolf Hitler
Coburg insgesamt

Stimmen

%

2.488

5,15

19.089

39,52

193

0,40

4.072

8,43

22.454

46,49

Stadt Coburg

Stimmen

%

615

3,57

6.711

38,99

88

0,51

1.452

8,43

8.348

48,50

Bezirksamt Coburg

Stimmen

%

1.094

4,59

9.161

38,44

90

0,38

2.470

10,36

11.013

46,21

Stadt Neustadt bei Coburg

Stimmen

%

667

12,04

2.319

41,84

13

0,23

58

1,05

2.484

44,82

Stadt Rodach

Stimmen

%

112

6,54

898

52,42

2

0,12

92

5,37

609

35,55

Reich

Stimmen

%

4.983.341

13,24

18.651.497

49,54

111.423

0,30

2.557.729

6,79

11.339.446

30,12

Wahlberechtigte Abgegebene Stimmen Gültige Stimmen Wahlbeteiligung in %
Coburg 53.865 48.563 48.301 90,16
Reich 43.949.681 37.890.451 37.648.317 86,21

Anmerkung: Die zersplitterten Stimmen fanden in der Tabelle keine Berücksichtigung.

Auffallend am Ergebnis des ersten Wahlgangs ist, dass Hitler trotz des massiven Wahlkampfs für ihn und der Behinderung der anderen Kandidaten bzw. der für diese werbenden Parteien nirgends die absolute Mehrheit erreicht hatte.[4] Deutlich wurde aber auch, dass die Coburger Wähler rechtsextremer gewählt hatten, als das restliche Reich. Hitler konnte in der Stadt Coburg im Schnitt rund 18 % mehr Stimmen auf sich vereinen als im Reich.

Da keiner der fünf Kandidaten auf Reichsebene eine absolute Mehrheit erreichen konnte, wurde ein zweiter Wahlgang von Nöten. Diesmal traten jedoch nur noch drei Kandidaten an. Gustav Winter und Theodor Duesterberg hatten ihre Kandidaturen aufgrund ihrer Chancenlosigkeit zurückgezogen. Die Wahl am 10. April 1932 brachte folgendes Ergebnis[5]:

Ernst Thälmann Paul von Hindenburg Adolf Hitler
Coburg insgesamt

Stimmen

%

1.500

3,12

19.704

40,95

26.904

55,92

Stadt Coburg

Stimmen

%

325

1,93

6.895

41,00

9.594

57,05

Bezirksamt Coburg

Stimmen

%

716

2,98

9.396

39,17

13.874

57,84

Stadt Neustadt bei Coburg

Stimmen

%

398

7,11

2.425

43,33

2.773

49,54

Stadt Rodach

Stimmen

%

61

3,56

988

57,71

663

38,73

Reich

Stimmen

%

3.706.759

10,16

19.359.983

53,05

13.418.547

36,77

Wahlberechtigte Abgegebene Stimmen Gültige Stimmen
Coburg 54.079 48.636 48.114
Reich 44.063.958 36.771.787 36.490.761

Anmerkung: Die zersplitterten Stimmen fanden in der Tabelle keine Berücksichtigung.

Wenn es nach den Coburgern gegangen wäre, hätte es keine erfolgreiche Wiederwahl Hindenburgs, sondern einen neuen Reichspräsidenten namens Hitler gegeben. Die rechtsextreme Coburger Wählerschaft sprach sich im zweiten Wahlgang deutlicher als noch im ersten Urnengang für Hitler als neuen Reichspräsidenten aus. Hitler konnte in der Stadt Coburg insgesamt rund 57 % der Stimmen für sich gewinnen. Damit lag er rund 20 % über seinem Reichsergebnis. Coburg hatte auch bei dieser Wahl seine rechtsradikale Grundtendenz unter Beweis gestellt.[6]


[1] Albrecht, Joachim: Die Avantgarde des „Dritten Reiches“. Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922-1933. Frankfurt/Main 2005. (= Europäische Hochschulschriften. Reihe II. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften. Band 1008). S. 168; Asmalsky, Ludwig: Der Nationalsozialismus und die NSDAP in Coburg 1922-1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur Prüfung für das Lehramt an den Gymnasien in Bayern an der Universität Würzburg. Würzburg 1969. S. 90f.

[2] Ebenda, S. 74.

[3] Zahlen nach: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Die Wahl des Reichspräsidenten am 13. März und 10. April 1932. Statistik des Deutschen Reichs. Band 427. Berlin 1932. S. 8ff.

[4] Keller, Gunther: Coburg und die Weimarer Republik. Der Staat von Weimar im Spiegel der Coburger Wahlen von 1918 bis 1933. Unveröffentlichte Zulassungsarbeit zur ersten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen an der Universität Bayreuth. Bayreuth 1981. S. 140.

[5] Zahlen nach: Statistisches Reichsamt (Hrsg.): Die Wahl des Reichspräsidenten am 13. März und 10. April 1932. Statistik des Deutschen Reichs. Band 427. Berlin 1932. S. 8ff.

[6] Keller: Coburg und die Weimarer Republik. S. 144.