Auf vielen Umwegen nach Coburg – Teil IV
Als wir in Leer ausgestiegen waren, wurden wir von Schwestern des Roten Kreuzes in einen großen Raum im Bahnhofsgebäude geführt. Die Soldaten, die uns begleiteten, hatten plötzlich ganz andere Uniformen an. Es waren Engländer. Wir bekamen einige Scheiben Brot und meine Mutter erhielt einen Bogen mit Lebensmittelmarken. Eine Schwester begleitete uns dann zu einem Haus am Stadtrand von Leer und erklärte, dass wir nun hier wohnen würden. Wir wurden dort von einer älteren Dame empfangen. Ich kann mich gut daran erinnern, dass diese Frau sehr mürrisch war, als sie uns in ein Zimmer im Keller des Hauses führte und sagte, dass wir uns nur hier aufhalten dürften; in den anderen Räumlichkeiten hätten wir nichts zu suchen. In dem Zimmer standen ein Doppelbett, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein kleiner Kohleherd. Heizmaterial war allerdings keines zu sehen. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir dort hausten. Meine Mutter ging jeden Tag mit uns zum Roten Kreuz, wo sie eine Suchmeldung nach unserem Vater und unseren Verwandten aufgegeben hatte. Auf dem Weg dorthin und auch auf dem Rückweg sammelten wir alles auf, was irgendwie brennbar erschien, damit unsere Mutter etwas Kochen konnte, sofern die Lebensmittelmarken das hergaben. Ich weiß jedenfalls noch sehr genau, dass ich ständig Hunger hatte.