Freddy Quinn zu Gast in Coburg
Einweihung des Freddy-Quinn-Platzes vor dem AWO-Kinderhaus Abenteuerland in Coburg (2001). Foto: Horst Jürgen Schunk.
Den „guten Beziehungen“ und der Überzeugungskraft des Coburgers Horst Jürgen Schunk ist es nicht nur zu verdanken, dass es in Coburg seit einigen Jahren einen „Freddy-Quinn-Platz“ gibt – er holte die „lebenden Legende“ gleich mehrfach selbst in die Stadt. Wie es dazu kam, dass Freddy Quinn sich für das AWO-Kinderhaus in Coburg engagierte – nicht nur ihr Ehrenmitglied wurde, sondern auch einen festen „Platz“ am Kinderhaus erhielt – schildert Horst Jürgen Schunk in seinem Bericht.
Im Sommer 2000 fragte mich Frau Ingrid Klingler-Joppich, Geschäftsführerin der AWO Coburg, ob ich meine „Beziehungen“ einmal spielen lassen könnte. Es war ihr bekannt, dass ich Kontakt zu Freddy Quinn hatte und habe (in den 1960er Jahren gab es auch einen „Freddy-Club“ in Coburg). Die Kindergartenkinder der AWO Coburg planten nämlich einen großen öffentlichen Auftritt, dessen Reinerlös für notleitende Kinder auf dem Balkan zur Verfügung gestellt werden sollten. Die Kinder planten artistische Kunststücke und das Ganze sollte dann als Projekt „Circus-Circus“ im Coburger Kongresshaus Rosengarten präsentiert werden. Was jetzt noch günstig wäre: ein prominenter Moderator.
2001: „Circus-Circus“ mit der „lebenden Legende“ Freddy Quinn
Freddy Quinns Liebe und Nähe zum Circus war nicht unbekannt, er selbst trat u.a. schon beim Circus Krone auf dem Hochseil auf. Also schrieb ich Freddy Quinn einen Brief und wartete. Es dauert nicht lange und er rief mich tatsächlich an. Nach einigen Details und Fragen seinerseits sagt er tatsächlich zu, diese Moderation ehrenamtlich zu übernehmen. Nun musste ich ihn fragen, wie das mit einem entsprechenden Vertrag aussehe? Seine Antwort war so knapp wie klar: „Brauchst du einen Vertrag? Ich brauche keinen, wenn ich sage, dass ich komme, dann ist das so.“
Und dabei blieb es. Freddy Quinn (* 27.09.1931) reiste am 21. Juli 2001 mit einem Mietwagen hier nach Coburg an (Hotel Goldene Traube). Meine Frau durfte noch seinen knallroten „Circus-Direktor-Anzug“ aufbügeln. Und am Abend trafen wir uns alle beim Chinesen, eine Art Arbeitsessen, um den gesamten Ablauf durchzusprechen. Immerhin hatte Freddy Quinn zahlreiche Kinder anzukündigen, die er genauso wenig kannte, wie deren Kunststücke. Der Abend war nebenbei auch recht amüsant, weil Freddy Quinn, wenn er sich wohlfühlte, einiges zu erzählen hatte und mit den anwesenden Gästen scherzte.
Am Sonntag, den 22. Juli am Nachmittag war es dann soweit. Noch stand sein Eintrag ins „Goldene Buch“ der Stadt Coburg an, bei dem ihm OB Norbert Kastner über die Schulter schaute, dann begann die Show. Tausend Leute waren ins Kongresshaus Rosengarten gekommen, mehr als eigentlich hinein passten. Freddy Quinn zeigte sich als absoluter Profi. Mit viel Engagement und zahlreichen Anekdoten aus seinem Showleben bereicherte er diese Show „Circus-Circus“, ohne dabei den Kindern als Hauptakteure die Butter vom Brot zunehmen. Am Ende sang er sogar a-capella das Zirkuslied „Ja wir sind Artisten“. Wir alle waren begeistert von dieser Veranstaltung. Und von seinem selbstlosen Einsatz. Auf den Erlös für die notleidenden Kinder auf dem Balkan legte Freddy Quinn noch eine größere Summe dazu. Der Sonntagabend endet – wieder – beim Chinesen.
Der „Freddy-Quinn-Platz“ in Coburg
Am Montag dann die Überraschung. Der Platz vor dem Kinderhaus der AWO in der Neustadter Straße wurde im Beisein des Künstlern als Dank für sein ehrenamtliches Engagement als „Freddy-Quinn-Platz“ getauft. Mit dabei die AWO-Kinder und auch Bürgermeister Norbert Tessmer. Freddy Quinn war wirklich überrascht und total begeistert. Dass ein Künstler einen Platz bekommt, solange er noch lebt, das ließ ihn gar nicht mehr los. Als dann eine Ansichtskarte von der Platzeinweihung heraus kam, bedankte sich Freddy Quinn auf einer solchen Karte und schickte sie zu uns nach Coburg.
Fünf Jahre später, die Historische Gesellschaft suchte einen Moderator für eine Podiumsdiskussion im Theater in der Reithalle. Prof. Melville ließ mich fragen, zuerst nach Cateriana Valente. Doch zu ihr hatte ich keinen Kontakt. Ich sagte dem Prof. ich könne ja Freddy Quinn noch mal fragen. Der Professor war begeistert. Diesmal ließ ich den Brief gleich sein und rief Freddy direkt an. Und wieder sagte er zu.
2006: Rückkehr nach Coburg und Ehrenmitgliedschaft des AWO-Kinderhauses
Wir trafen uns zum Vorgespräch in einer Garderobe im Rahmen seiner damaligen Konzert-Tournee. Und dann wieder beim Chinesen in Coburg. Erneut kam es zum Vorabendgespräch. Und am 12. Juli 2006 moderierte Freddy Quinn die Veranstaltung „50er bis 70er Jahre – Zeitzeugen sprechen über das Verlorene Paradies“. Mit dabei: Renate Schmidt, Wolfgang Braunschmidt von der Neuen Presse Coburg, Prof. Hermann Glaser aus Nürnberg und der Coburger Unternehmer Klaus Beyersdorf. Zu Beginn wurde ein Filmausschnitt gezeigt: „Freddy und die Melodie der Nacht“. Dann ging es im ausverkauften Theater in der Reithalle mit der Gesprächsrunde los. Und Freddy Quinn zeigte dabei einmal mehr seine Vielseitigkeit und seine professionelle Einstellung. Alles ohne festes Konzept, alles aus dem Stehgreif. Eine gelungene Veranstaltung mit anschließender Autogrammstunde.
Am Rande ereignete sich noch Folgendes: Als Freddy Quinn zahlreiche Autogrammwünsche erledigte, schoss ein Fotograf hunderte von Fotos mit Blitzlicht, direkt in sein Gesicht. Irgendwann knurrte dann Freddy Quinn den Mann an: „Reicht es nicht langsam mal?“ Und schon meinten ein paar wenige Kritiker, Freddy Quinn habe ein gespanntes Verhältnis zur Presse. Dass dem nicht so ist, zeigte sich am folgenden Tag: Denn Freddy Quinn besuchte die Redaktion der Neuen Presse, begrüßte zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gab auch ein langes Interview, das Wolfang Braunschmidt für die NP und das Freie Wort führte. Als sich Herr Braunschmidt vergewissern wollte, was er denn von diesem Interview alles verwenden dürfe, meinte Freddy Quinn nur lapidar: „Junge, über mich ist schon so viel Mist geschrieben worden, da ist es mir jetzt auch egal, was du hier schreibst…“
Nicht zu vergessen, ihm Rahmen dieses erneuten, ehrenamtlichen Besuchs in Coburg besuchte Freddy Quinn auch wieder „seine“ AWO-Kinder am „Freddy-Quinn-Platz“, schenkte ihnen ein T-Shirt gegen Drogen und sprach sich entschieden gegen alle Drogen aus. Bei dieser Gelegenheit wurde Freddy Quinn von der AWO Coburg zum Freund und Ehrenmitglied ernannt.
So kam es, dass einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Sänger nach dem Zweiten Weltkrieg – er hatte zehn Nummer-Eins-Hits und verkaufte über 60 Millionen Tonträger, dazu war er Schauspieler, Artist und Entertainer – zweimal Coburg besuchte und bei diesem zweiten Besuch auch noch im Rathaus Coburg zum Bratwurstempfang geladen wurde. Da er schon im „Goldenen Buch“ stand, durfte er sich nun noch im Gästebuch der Stadt Coburg verewigen. Auf die Frage, wie ihm die Bratwurst schmecke, folgte eine ehrliche Antwort: „Etwas zu fett und zu salzig“.
Ganz persönlich freute ich mich, dass Freddy Quinn nicht nur erneut zum Chinesen einlud, er war auch bei uns daheim zu Gast und verewigte sich im Treppenhaus der Kasernenstraße 22.