Prof. Dr. Rudolf Gebhardt (1859-1929) – 4. Präsident des Deutschen Schachbundes
Zur Jahrtausendwende 1899/1900 stand der noch junge – 1877 in Leipzig gegründete – Deutsche Schachbund (DSB) vor seiner ersten, großen Bewährungsprobe. Ein langwieriger, mit harten Bandagen ausgetragener Richtungsstreit hatte unter dem 3. Präsidenten, Dr. Max Lange, viele Mitgliedsvereine zum Austritt bewogen und den Dachverband in die Krise geführt. Lange hatte zuvor eine Abkehr von immer größeren, exklusiveren und kostspieligen Turnieren gefordert und sich für eine Rückkehr zur Basisarbeit eingesetzt, war deswegen jedoch bei einigen Vereinen in Ungnade gefallen.
Ein Coburger griff vermittelnd ein und führte den Verein in Folge zielsicher ins „Fahrwasser“ zurück: Der Vorsitzende des Coburger Schachvereins von 1872, Dr. Rudolf Gebhardt, Gymnasialprofessor für alte Sprachen am Casimirianum, erreichte, dass einige der zuvor ausgetretenen Vereine zurückkehrten und wird in Folge 1901 als Nachfolger Dr. Langes zum 4. Präsidenten des Schachbunds gewählt. Unter seiner Führung erlebt der Verband einen Aufschwung und entwickelt sich zur weltweit größten Schachorganisation – bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges gehören dem DSB schon wieder knapp 200 Mitgliedsvereine an.
Viele Großmeister finden in diesen Jahren auf Einladung Gebhardts ihren Weg nach Coburg. 1904 richtet die Vestestadt den 14. Kongress des Deutschen Schachbundes aus. Von einer Konferenz in St. Petersburg, an der Gebhardt als deutsche Vertreter teilnahm, ging 1914 die Initiative zur Gründung eines internationalen Schachverbandes aus. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges setzte jedoch auch diesen Bestrebungen ein vorläufiges Ende. Nach Kriegsende machte Gebhardt den Weg frei für einen Generationenwechsel an der Verbandsspitze und kandidierte im Jahr 1920 nicht erneut.
In seiner Heimatstadt Coburg wirkte Gebhardt anschließend von 1921 bis 1924 als ehrenamtlicher 3. Bürgermeister.