Wintersport in Coburg – von Barockschlitten und Rodelbahnen
Aus dem Staatsarchiv Coburg
Sport-Ordnung des Coburger Wintersport-Vereins von 1910. Quelle: Staatsarchiv Coburg, AG Coburg 20545.
Um sich auch auf eingeschneiten Pfaden bewegen zu können, setzte der Mensch schon früh seine Erfindungsgabe ein. Er konstruierte Pferdeschlitten und Vorläufer von Rodel und Ski – und entdeckte bald das Vergnügen an der technisch erleichterten Fortbewegung. Die Prunkschlitten der Barockzeit führen vor Augen, dass Schlittenfahren schon bald zum gesellschaftlich-sportlichen Vergnügen wurde. Doch kein Wintervergnügen ohne Regeln. In den Beständen des Staatsarchivs Coburg finden sich verschiedene Akten, die vom Wintersport in Coburg erzählen – und von seiner Regulierung. So ordnete Herzog Franz Josias von Sachsen-Coburg-Saalfeld 1751 an, sich mit dem Schmuck der Schlitten mit Federbuschen und Schellen in der Residenzstadt standesgemäß zu verhalten. Den einfachen Leuten war es nicht erlaubt, mehr als 50 Schellen an ihren Schlitten anzubringen. Der herzogliche Befehl wurde in der Registratur der Landesregierung abgelegt – und zwar in der Aktengruppe „Polizey auf Vergnügen“.
Als im späteren 19. Jahrhundert das moderne Skifahren erfunden wurde, gingen Wintersport und aufkommender Tourismus schnell eine zukunftsweisende Symbiose ein. In der sportlichen Betätigung auf Rodel oder Ski schienen Standesgrenzen zu fallen, die gleichwohl noch gesellschaftliche Realität waren. Herzog Carl Eduard förderte in seinem Herzogtum Gotha die Entwicklung in Oberhof, das sich zum Mekka der Wintersportbegeisterten in Mitteldeutschland entwickelte. Aus einem Schreiben des herzoglichen Hausmarschallamts von 1907 geht hervor, dass der Herzog nach der Jahrhundertwende das unterhalb der Veste Coburg gelegene Veilchental eigens zum Schlittenfahren freigab. Bis heute ist es bei ausreichender Schneelage ein beliebter Rodelhang. Auf allen anderen Wegen und Flächen in den herzoglichen Anlagen war das Rodeln dagegen verboten. Im „Interesse der größeren Sicherheit“ verfügte das Marschallamt, dass der obere Teil zwischen dem altem Festungsweg und der Straße durch den Hofgarten „der reiferen Jugend“ vorbehalten sein sollte. Der Teil unterhalb der Straße war für die „im Fahren nicht sehr gewandten kleineren Kinder“ bestimmt. An der herzoglichen Baugewerkschule wurde das Schreiben des Hausmarschallamts allen vier Klassen bekanntgegeben, wie die handschriftlichen Vermerke auf dem Dokument zeigen. Nicht auszuschließen, dass die herzogliche Verwaltung ganz besonders die Bauschüler erreichen wollte!
1910 gründeten gar 73 wintersportbegeisterte Coburger Bürgerinnen und Bürger den „Wintersport-Verein Coburg“ – natürlich im Winter, am 3. Februar. Der Verein setzte sich die Förderung des Wintersports und die „Hebung des Winterverkehrs in Coburg“ zum Ziel. Konkreter Anlass der Gründung waren aber die als „unhaltbar“ empfundenen Zustände im Veilchental, wo es immer wieder zu Unfällen kam. Der Verein plante nun eine Rodelbahn am Nordhang des Festungsberges für Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren. Im Dezember 1910 erließ der Verein eine „Sport-Ordnung“ für das Schlittenfahren auf der Rodelbahn, die am 3. Januar 1911 eröffnet wurde. Die Tageskarte kostete 50 Pfennig und war beim „Aufsichtsbeamten“ oder beim Hotel Festungshof zu erwerben. Im Ersten Weltkrieg kam das Vereinsleben allerdings zum Erliegen, so dass sich die Gesellschaft auflöste.