Blick hinter verschlossene Türen: Sender Coburg-Eckardtsberg
Ende 1950 beginnen die Bauarbeiten für die Sendeanlage des Bayerischen Rundfunks (BR) auf dem Coburger Hausberg, dem Eckardtsberg. Ein ca. 50 Meter hoher Rohrmast und ein kleines Holzhäuschen für die Sendetechnik sollen zukünftig dafür sorgen, dass das 2. Programm des BR in Coburg und Umgebung klar empfangen werden kann.
Von Anfang an kommt neueste Technik zum Einsatz. Denn 1948 waren Deutschland im Kopenhagener Wellenplan nur wenige Sendefrequenzen im Lang- und Mittelwellenbereich zugeteilt worden. So macht der Bayerische Rundfunk die Not zur Tugend und weicht in den UKW-Bereich aus. Der Sender Coburg-Eckardtsberg ist damals einer von insgesamt 11 UKW-Sendern des BR. Der UKW-Sender befand sich an der Spitze des Rohrmastes, der bereits für den später in Betrieb genommenen Mittelwellensender Coburg vorbereitet war.
Ursprünglich für Weihnachten 1950 versprochen, wird der Sender am 26. Februar 1951 angeschaltet. Ein 1 kW (Kilowatt) Sender der Firma Telefunken sendet auf 90,9 MHz (zunächst im Testbetrieb) das 2. Programm des BR. Am 1. April 1951 wird der gelernte Radiotechniker Günter May nach Coburg entsandt, um im 24-Stunden-Schichtbetrieb den Sendebetrieb zu überwachen. Bis 1958 wird er im gesamten Sendenetz des BR eingesetzt, von 1958 bis 1994 ist er dem Sender Ochsenkopf bei Bayreuth zugeteilt, von wo aus – bis heute – auch der Sender Coburg betreut wird.
Wenig später nimmt bis 1969 auch der Mittelwellensender Coburg seinen Betrieb auf. Auf der Frequenz 1484 kHz ist in den Nachtstunden sowie am frühen Morgen das 1. Programm des BR zu hören. Ab 1969 sorgt ein neuer Doppelsender endlich für etwas mehr Ausfallsicherheit. Im Falle eines technischen Defektes kann nun im Notbetrieb auf einen zweiten Sender umgeschaltet werden. Ebenso wird nun in Stereo gesendet.
Bereits zuvor nahm man es in München mit den Sendeausfüllen sehr genau, weiß Günter May zu berichten: „Solche Ausfälle wurden nur im kleineren Prozentbereich geduldet.“ An einem anderen Sender des BR, erinnert sich May, brannte die Verteilertafel schon in „Rotglut“, als May sich an die Behebung der Störung machte. Er löschte den Brand, verband die Leitungen teils in der Luft wieder miteinander. Das dauerte (nur) 30 Minuten – zu lange. In einem Bericht, so erinnert er sich Jahrzehnte später, musste er die lange Entstörzeit damals begründen.
Schon 1956 wurde der Sender teil-automatisiert und ist seit dieser Zeit nicht mehr ständig besetzt. Nahezu der ganze Betrieb lässt sich aus der Ferne steuern. Nur rauf- und runtergefahren und selbstverständlich gewartet werden die Sendeanlagen noch vor Ort. Die Sende- und Antennentechnik wurde über die Jahre mehrfach erneuert. Im nicht öffentlich zugänglichen Senderaum erwartet Besucher in zahlreichen Einbauschränken modernste Technik. Die UKW-Sender werden längst nicht mehr mit Röhren betrieben und müssen heute kaum noch gekühlt werden.
Den Rohrmast des alten Mittelwellensenders finden Besucher heute auf dem Eckartsberg nicht mehr vor. Gesendet wird heute von einem – 1995 errichteten – abgespannten Betonmast mit aufgesetzter Antenne. Auch die Holzbaracke ist inzwischen durch ein steinernes Betriebsgebäude ersetzt.
Aktuell sendet der BR vom Sender Coburg-Eckardtsberg fünf Hörfunkprogramme über UKW (Bayern 1, Bayern 2, Bayern 3, BR-KLASSIK und B5 aktuell) sowie seit 2015 auf Kanal 11D im Gleichwellenbetrieb mit anderen Sendeanlagen im Freistaat 12 digitale Radioprogramme.
Über die Grenze
Obwohl der kleine Sender Coburg vor allem zur Versorgung der, z.T. von den anderen Grundnetzsendern nur schwer zu erreichenden, umliegenden Region dient und ein Versorgungsgebiet von etwa 100.000 Hörern hat, war der Sender bis 1989 selbstverständlich auch am südlichen Rand von Thüringen zu hören. Auch andere Sender waren zur damaligen Zeit strategisch in Grenznähe positioniert und mit einer „guten“ Frequenz und Antennen mit entsprechender Richtcharakteristik ausgestattet worden, die den Radio-, später Fernsehempfang in weiten Teilen der DDR – mit teils extra zu diesem Zweck gefertigten Antennen – ermöglichte. Die so genannte „Ochsenkopfantenne“ (aus offizieller Produktion!) war in vielen Teilen der DDR ein Garant für den Empfang von Westfernsehen in weiten Teilen des Landes.