Über Selektas und Marienschulen – Bildung für Groß und Klein
Für das Schuljahr 1920/21 konnte wie bereits im Vorjahr, eine „Selekta“ (= eine reine Mädchenklasse in der 9. Jahrgangsstufe) in der Rückertschule gebildet werden.
Eine Selekta ist insofern etwas „Erwähnenswertes“, als die Pflichtschulzeit für Mädchen nach dem 8. Schuljahr endete. Bereits zwei Tage vor Anmeldeschluss gab es 19 Bewerbungen, was u.a. auch daran lag, dass auch Schülerinnen aus der Alexandrinenschule und den drei städtischen Schulen sich einschreiben konnten. Erstmals standen 1920/21 die Fächer „praktische Haushaltungskunde“ und „Kochunterricht“ nicht auf dem Stundenplan, da diese wegen des geplanten Ausbaus der Mädchen-Fortbildungsschule in ein späteres Schuljahr verlegt werden sollten. Der Wochenstundenplan hatte das Ziel „bildungsdurstigen Mädchen eine erweiterte Bildung mitzugeben, ihnen einerseits Bildungsstoffe für Herz und Gemüt, andererseits solche für das
praktische Leben zu vermitteln.“
Der Unterricht fand in den Sommermonaten von 7-11 Uhr und in den Wintermonaten von 8-12 Uhr statt, sodass die Schülerinnen nach dem Unterricht
noch Zeit hatten, daheim im Haushalt mitzuarbeiten oder sich anderweitig zu betätigen.
Auch eine „Ganztagesbetreuung“ in Form der Marienschule gab es bereits vor 100 Jahren. Diese konnte von Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren
besucht werden, sodass die Eltern ihrer beruflichen Pflicht nachkommen konnten. Ab 8 Uhr bis nachmittags konnten die Kinder diese besuchen und
bekamen dort sowohl ein Mittagessen als auch einen Imbiss am Nachmittag.
Betrieben wurde die Marienschule mit der Unterstützung der Behörden und privater Geldgeber. Da durch die Erhöhung der Lebenshaltungskosten auch
die finanziellen Mittel der Marienschule knapp wurden, richtete sie einen Aufruf an die Coburger Bevölkerung, um die Betriebskosten auch zukünftig
decken zu können. Weiterhin erhöhte man das Betreuungsgeld auf 30 Pfennige pro Tag, auch wenn dies bei Weitem noch nicht ausreichte, um die täglichen Kosten zu decken. Das Coburger Volksschulgesetz besagte, dass Lehrer zukünftig dazu verpflichtet sind, 28 Schulstunden in der Woche zu unterrichten. Lehrer im fortgeschrittenen Alter mussten lediglich noch 22 Stunden ableisten. Wenn Lehrerinnen weniger Gehalt als Lehrer erhielten, hatten sie Anspruch darauf, zwei Wochenstunden weniger zu arbeiten als ihre männlichen Kollegen.
Ferienzeiten im Schuljahr 1920/21
- Osterferien:
31. März bis 14. April 1920 - Pfingstferien:
22. Mai bis 30. Mai; - Sommerferien:
17. Juli bis 15. August; - Herbstferien:
25. September
bis 11. Oktober; - Weihnachtsferien:
22. Dezember 1920
bis 6. Januar 1921; - Osterferien:
23. März bis 6. April 1921
Wochenstundenplan der Selekta:
Stunden / Fach | Beschreibung |
---|---|
2 Lebenskunde | Pflichtenlehre |
2 Literatur | Klassische, deutsche Dichtungen in geschichtlicher Folge |
2 Französisch | Wahlfach für Mädchen ohne Sprachkenntnisse |
2 Gesang | Volks- und Kunstgesang; Einführung in die Oper |
1 Turnen | nach Möglichkeit im Sommer Schwimmunterricht |
1 Haushaltungskunde | Belehrungen über Wohnung, Kleidung, Heizung und Beleuchtung, Anfangsgründe der Nahrungsmittellehre |
2 Hauswirtschaft | Hauswirtschaftliche Buchführung und hauswirtschaftliche Aufsätze |
2 Handarbeit | Ausbesserungsarbeiten und Weißnähen mit der Nähmaschine, im Winter voraussichtlich erweitert |
2 Zeichnen | Kunstzeichnen und kunstgewerbliches Zeichnen |